KELTISCHE
ORNAMENTE.
TAFEL
LXV.
SPIRALFOERMIGE,
DIAGONALE,
ZOOMORPHISCHE
SPAETERE
AN GELSAECHSISCHE
ORNAMENTE.
1. Anfangsbuchstabe, aus dem Evangeliarium zu Lindis-
ferne. Ende des 7ie11 Jahrhunderts. Brittisches Mu-
seum (vergrössert).
Q. Ornamente von winkelförmigen Linien, aus dem gregori-
sehen Evangeliarium (vergrössert).
3. Verschlungene Thierflguren, aus dem Buch von Kells, in
der Bibliothek von Trinity College, Dublin (vergrös-
sert).
4. Diagonales Muster. Evangeliarium des Mac Durnan in
der Bibliothek des Lambeth Palastes. 9m Jahrhun-
dert (vergrösseit).
5 und 12. Spiralförmige Muster, aus dem Evangeliarium
von Lindisfarne (vergrössert).
6. Diagonale Muster aus dem irischen Manuscript zu St.
Gallen. Qtßß Jahrhundert (vergrössert).
7. Verschlungenes Ornament, aus demselben Manuscript
wie das vorhergehende.
8. Verschlungene Thieriiguren. Evangeliarium des Mac
Durnan (vergrössert).
9, 10, 13. Diagonale Muster. Evangeliarium des Mac
Durnan (vergrössert).
11. Diagonale Muster, aus dem Evangeliarium zu Lindis-
farne (vergrössert).
14. Rand zur Einfassung von verschlungenen Thierfiguren,
aus dem Evangeliarium zu Lindisfarne (vergrössert).
15 und 17. Felder mit verschlungenen Thier- und Vogel-
üguren, aus dem irischen Evangeliarium zu St. Gallen.
SWS oder QWS Jahrhundert.
16. Grosses Q, in der Gestalt eines länglichten winkelförmi-
gen Thieres, aus dem Psalrnbuch des Ricemarchus,
Trinity Oollege, Dublin. Ende des lltsn Jahrhunderts.
18. Viertel eines Rahmens oder Randes einer illuminirten
Seite im Benedictionale des Aethelgar zu Rouen. 10W!
J ahPh1lIJdCft.- SILVESTRE.
19. Ditto, aus dem Arundel-Psalter, N0. 155, brittisches
Museum-HUMPHREYS.
20. Ditto, aus dem Evangeliarium des Canute im brittischen
Museum. Ende des 10m1 Jahrhunderts.
21. Ditto, aus dem Benedictionale des Aethelgar.
22. Schlussornament von spiralförmiger Zeichnung mit Vö-
geln. Stellt einen Theil eines grossen Anfangsbuch-
staben im Evangeliarium von Lindisfarne dar (wirk-
liche Grössey-Hunrnnmzs.
KELTISCHE
ORNAMENTE.
DIE geniale Geisteskraft der Bewohner der brittischen Inseln äusserte sich von jeher durch Leistungen, die
in ihrer Beschaffenheit und Stylart, von den Leistungen der übrigen Welt wesentlich abweichen. Die
eigenthümlichen
Charakterzüge
gegenwärtig
unterscheiden, Waren
unsern Vorfahren, bis zu
Grade eigen.
den ältesten Zeiten hinauf, im selben
Im Fach der schönen Künste
treten unsere kolossalen
druidischen Tempel mit überraschender Grösse hervor, den
Beschauer
füllend.
Erstaunen
spätem
Zeiten verkündete sich dasselbe Genie für Denkmale von aufgerichteten Steinen,
doch mit den Modiücatio-
neu die der neue Glaube erheischte, und äusserte
Gestalt von
riesenmässigen
Steinkreuzen, oft
dreissig
Fuss hoch,
sorgfältig ausgehauen, und
mit Devisen verziert, deren Stylart von der aller andern
Nationen unterschieden ist.
Die ältesten Monumente und Reste der Verzierungskunst die
besitzen
zahlreicher
als man Wohl im Allgemeinen glaubt), stehen in so enger Verbindung mit der ersten Einführung des Chris-
tenthurns in die brittischen Inselnfß dass wir nothwendig die Entwickelung des neuen Glaubens daselbst
berühren werden müssen, Während
bestreben
Geschichte
Eigenheiten
keltischen
Kunst auseinander zu setzen: ein Unternehmen zu dessen Ausführung bis jetzt noch kaum ein Versuch
gemacht worden ist, und doch ist es eine Aufgabe die, vom Gesichtspunkt ihrer nationalen Wichtigkeit
betrachtet, ein ebenso lebhaftes Interesse, als die Geschichte der Verzierungskunst irgend eines andern
Landes
darbieten muss.
1. HISTORISCHE BEWEISE._Wir wollen uns hier gar nicht darauf einlassen die verschiedenen Angaben
der Historiker, hinsichtlich der Einführung der christlichen Religion in Grossbrittanien zu erörtern, oder mit
einander zu vereinbaren, da wir, ganz abgesehen von dem Zeugnisse der Geschichtsschreiber, hinlängliche
Beweise haben, dass das Christenthum schon lange vor der Ankunft St. Augustiifs, im Jahre 596, im Lande
4' Die heidnisch-keltischen Reste zu Gavi" Innis in Bretagne, zu New Grange in Irland, und ein druidisches Monument bei
Harleuh, in Wallis, verrathen einen gewissen rauben Versuch der Verzierung, die hauptsächlich aus eingeschnittenen spiralförmigen
oder kreisrunden und winkelfdrmigen Linien besteht.