Volltext: Die Dekorationsformen des 19ten Jahrhunderts

Deutschland. 
Villenstil errichtet, und in den folgenden Jahren das Palais der russischen Botschaft Unter den Linden 
in Berlin. Sein Hauptbau ist die Neue Synagoge in der Oranienburgerstrasse (1859-1866), aussen im 
Ziegelrohbau ausgeführt, innen mit Pendentifkuppeln auf Eisensaulen überdeckt. Zur Gestaltung des 
Äusseren wie des Inneren sind maurische Motive verwendet. Knoblauch hat noch einige grössere 
Privatpalais erbaut: das Palais des Grafen Arnim-Boitzenburg am Pariser Platz, das Palais des Grafen 
Behr-Negendank am Wilhelmsplatz(1854-1858), dann schon früher (1846-1847) sein eigenes Wohnhaus 
in der Oranienstrasse, in dem auch zeitweilig der Berliner Architekten-Verein ein Unterkommen fand. 
Von 1858-1860 errichtete Knoblauch das jüdische Krankenhaus. 
Zu den unmittelbaren Nachfolgern Schinkels zählen noch Persius, Hesse und Schadow. 
Ludwig Persius (1803-1845) geht jedoch durchaus auf eine Verschmelzung der klassischen Formenwelt 
mit der modern romantischen Naturanschauung aus, und leistet in dieser Art, besonders im Villenbau, 
Vortreffliches. Die Romantik äussert sich bei ihm im Suchen nach malerischen Motiven und in der 
Vermeidung der sichtbaren Dächer. Mehrere Wohnhäuser in Potsdam im italienischen Villenstil, aber mit 
streng hellenistischem Detail, zeigen ein intimes Zusammengehen der Architektur mit der Landschaft in 
sehr anmutender Weise. Zu nennen ist die Jacobsche Villa in Potsdam und eine Anzahl Förster- und 
Parkwachterwohnungen im Park von Sanssouci. Die Friedenskirche im Park von Sanssouci wurde im 
Stil altchristlicher Basiliken ähnlich S. Clemente in Rom errichtet, erhielt einen Arkadenvorhof, den 
Turm am Westende, und wurde ausserdem mit einem Kavalierhause, der Schule und der Pfarrerwohnung 
zu einer Gruppe vereinigt. Die Kirche zu Sakrow (1841-1843) zeigt schon durch ihre Lage am Wasser 
einen romantischen Zug, der noch durch die Verwendung verschiedener Motive, der Wassertreppe, der 
offenen Bogenhalle, die sich um den ganzen Bau herumzieht, endlich durch die isolierte Stellung des 
Turmes verstärkt wird. Am Weiterbau des Schlosses Babelsberg war Persius neben Strack beteiligt. 
In den Persiusschen Entwürfen geht indes die Anwendung historischer Bauformen für nicht passende 
Zwecke gelegentlich zu weit; man sieht Kalkbrennereien, Försterhäuser und Dampfmaschinenhauser in 
Formen mittelalterlicher Burgen oder Moscheen, Schornsteine als Warttürme oder Minarets. Persius 
hat den Plan für das Krollsche Gesellschaftshaus im Berliner Tiergarten geliefert, einen Festsaalbau in 
villenartiger Gruppierung, welchen Knoblauch ausführte und der später vielfach verändert wurde. 
Hesse hat keine eigene Richtung entwickelt; er errichtet 1842-1843 den Kapellenbau am Mausoleum 
zu Sanssouci im italienischen Palaststil, und die Ruine auf dem Pfingstberge bei Potsdam mit pom- 
pejanischer Innendekoration der Turmzimmer; das Elisabethkrankenhaus in Berlin von ihm, ist ein goti- 
sierender Backsteinbau, ohne künstlerische Durchbildung. Die gelegentlichen Wiederherstellungsarbeiten 
Hesses im Berliner Königsschlosse sind wahre Verschlechterungen, unpassend im Stil und ärmlich in der 
Verwendung von Surrogaten. Albert Schadow (1797-1869) ist schon als Mitarbeiter Stülers an der 
Schlosskapelle in Berlin genannt; von ihm rührt der damals aufwandvolle Villenbau der Fürstin Liegnitz 
bei Potsdam her. 
Selbständig neben Schinkel, obgleich stilistisch von diesem abhängig, steht Karl Ferdinand 
Langhans, der 1834-1836 den Bau des Palais für den damaligen Prinzen Wilhelm von Preussen, 
nachmaligen Kaiser Wilhelm I. in streng hellenistisehem Stile ausführte; der Grundriss ist vortrefflich, 
die Ausbildung der Räume bescheiden, aber doch, namentlich im Treppenhause, von hoher Würde. Die 
dorisehe Vorhalle, deren Architrav zugleich die Brüstung bildet, zeigt sich als eine der in der hellenistischen 
Stilfassung fast unvermeidlich hervortretenden Schwächen. Langhans leitete nach dem Brande den 
Erneuerungsbau des Berliner Opernhauses, und bildete sich zu dem für seine Zeit berühmtesten Theater- 
baumeister aus. Von ihm rührt der grossartige Entwurf des Viktoria-Doppeltheaters für Berlin her, das 
von Tietz ausgeführt wurde und jetzt abgebrochen ist. Das Stadttheater in Leipzig ist ebenfalls nach 
einem Entwürfe von Langh ans errichtet. In den engeren Kreis der Schinkelschen Schüler gehört
	        
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