Schulen
auf historischer
Grundlage.
starkes Relief und glänzende Polychromie, also der Gebrauch durchaus malerischer Mittel, zeichnen die
Fassade und die Innenräume aus. An der Fassade ist eine durchgehende polychromische Wirkung
angestrebt, die allerdings jetzt schon zum Teil wieder verloren gegangen ist, nachdem die Politur des
Marmors von einer weisslichen Verwitterungsschicht überzogen, die Farben nicht mehr recht zur Geltung
kommen lässt. Die weissen Säulen der Loggia heben sich von einer mit rotem Jurastein verkleideten
Fläche ab; die Fensteröffnungen zwischen diesen Säulenpaaren sind von kleineren Säulen aus rosafarbenem
Marmor mit vergoldeten Bronzekapitellen Hankiert, die auf Balustraden von grauem Marmor stehen.
Über diesen kleinen Säulen zieht sich ein Fries aus Jurastein hin, dessen runde (Öffnungen über jedem
Fenster eine vergoldete Bronzebüste enthalten. An den Ecken der Attika, welche mit Mosaiken auf
Goldgrund dekoriert ist, erheben sich vergoldete Bronzegruppen, und auf der Spitze der Kuppel des
Zuschauerraumes steht die Bronzestatue eines Apollo von Nebenfiguren begleitet. Das Innere des grossen
Treppenhauses giebt Abb. 22 wieder; die Treppe mit dem Geländer aus Onyx-Marmor ist berühmt. In
den Details der Innendekoration sind die musikalischen Instrumente, namentlich die Leyer, als Symbole
der Musik vielleicht allzuhäufig vertreten.
Das kunstgewerbliche Ornament, meist im Stil der französischen Hochrenaissance gehalten,
gelegentlich orientalisierend, bietet nicht viel Neues. Auch die Spätgotik wird zuweilen, aber seltener
benutzt, indes behält das Figürliche auch in diesem Falle stets den Renaissancecharakter. Beispiele, wie
sie in L'Art pour tous veröffentlicht sind: ein Bierglas aus Krystall in Silber und Gold mit Emaillen
verziert von Boucheron, im Stil orientalisierend; ein goldener Leuchter von demselben in Renaissance,
aber in Formen des Schmiedeeisens. Ein ähnliches Vergreifen gegen den Materialstil zeigt ein Schirm
in Gold und Emaille von J ules Debut. Im allgemeinen ist eine Wiederaufnahme der Technik des
Maler-Emails wohl zu bemerken. Einige Leistungen in Neugotik sind nicht konsequent durchgebildet;
so zeigt eine Uhr von Leon Chcdeville in den Hauptformen den Stil Flamboyant, im Figürlichen
den Stil der Renaissance.
Die dekorativen Malereien bewegen sich im Stil von Fontainebleau bis zu dem von Lebrun;
in jenem lieferte Lechevalier, dann Ghevignard im Schlosse Azay-le-Rideau einen Plafond mit
Knabengestalten, welche eine Wappen-Kartusche halten; in diesem schuf Milleit im Foyer des Theaters
in Genf ein allegorisches Deckenbild mit Untenansichten u. s. w.
Die romantische Bewegung in Paris erhält einen tief wirkenden Anstoss durch Victor
Hugos Dichtungen, namentlich durch seinen 1830 erscheinenden Roman „Notre Dame de Paris".
Victor Hugo verfällt aber nicht wie eine Anzahl der deutschen Romantiker in die kirchliche und
politische Reaktion, sondern er ist revolutionär auf allen Gebieten, allerdings in späterer Zeit ein Vertreter
der überschwänglichen und deshalb inhaltslosen Phrase. Auf dem Gebiete der Architektur begann das
Studium der mittelalterlichen Denkmäler Umfang zu gewinnen, {unterstützt durch die von de Caumont
gegründete Societe archeologique, die Männer wie Sommerard, V ito t, Prosper Merimee und D idron
zu ihren Mitgliedern zählte. Im Jahre 1837 bildete die Regierung das Comitö des arts et des monuments
für die Wiederherstellung der alten Bauwerke, welches sich etwas später in die Commisson des monuments
historique verwandelte. Antoine Lassus (1807-1857), ein Schüler Labroustes, und Eugene
Emmanuel Viollet-le-Duc (1814-1879) waren die Seele dieser Bestrebungen. Der Letztere, ein
Schüler Leclercs, wandte sich später mittelalterlichen Studien zu; eine Reise durch Italien und
Sicilien 1836-37 änderte nichts an seinen gotischen Neigungen. Noch bevor die obengenannten Männer
in Wirksamkeit traten, hatte Gau (1790!1854) die Kirche St. Clotilde als wenig gelungene Nachahmung
rheinisch-gotischer Monumente erbaut (1840-1857). Der Bau wurde durch Bailly vollendet, von dem
die Helme der Türme herrühren. Auch später hat der Neubau gotischer Kirchen in Paris keinen rechten
Boden fassen können. Was geschah, betraf grösstenteils nur die Wiederherstellung der alten Monumente.