Volltext: Die Dekorationsformen des 19ten Jahrhunderts

Romantik. 
Neuklassik und 
atmet das ganze theatralische Pathos dieser Zeit: ein weites halbrundes Sopha, als eine Art antiker 
Exedra gedacht, bildet das Hauptmöbel, davor im Mittelpunkte des Kreises muss man sich den Rhetor 
denken. Die Details des Sophas entsprechen ganz den früher geschilderten antikisierenden Möbelentwürfen 
von Percier und Fontaine. Das Mobiliar im Schlosse zu Sagan, französischer Herkunft, ist meist im 
Empirestil gehalten. Ein Saal im Schlosse zu Oels in Schlesien (Abb. 9) giebt ein deutsches Beispiel 
der Innendekoration "im Empirestil; an der Decke erscheint ein grosses rundes als Velum gemaltes 
hlittelfeld, welches von einem derben Lorbeerstzibe eingefasst wird. Die Gliederungen der Decke sind, 
wie es in dieser Periode häufig vorkommt, im Massstabe vergriffen und verhaltnismassig zu kolossal 
gebildet, was den Eindruck einer gewissen Leere hervorruft. 
In der Eründung der kunstgewerblichen Formen macht sich jetzt vielfach ein schülerhaft beschränktes 
Können bemerkbar, obgleich die in der Renaissancezeit vortrefflich ausgebildete Technik noch eine Zeit 
lang verhalt; dann verfällt auch diese und lasst die sogenannten vhohen" Künste isoliert, ihrer natür- 
lichen Grundlage beraubt, zurück. Weil man um jeden Preis die Formen des Zopfstils vermeiden wollte, 
wurde man ganz einseitig und schöpfte den ganzen Vorrat von Ornamentformen aus den Malereien der 
griechischen Vasen. Ausserdem kam durch die Armut der Zeit der vermehrte Gebrauch der Surrogate 
auf. Der Ornamentstich, der unzertrennliche Begleiter der Dekorationskunst im ganzen Verlaufe der 
Renaissance, hatte ganz aufgehört. 
Litterarische Anregungen für die Ornamentik, welche auch für die nachstfolgende Periode noch 
einige Geltung behaupten, sind: Zahn, pompejanische Ornamente, 1828-41; derselbe, Ornamente der 
klassischen Epochen, 1849; und die vortrefflichen unter Schinkels Mitwirkung entstandenen Vorbilder 
für Fabrikanten und Handwerker, Berlin, 1821-37. 
Im ganzen entsprach das wirklich Zustandegekommene keineswegs dem hohen Fluge der Idee, 
mit der man die neuklassische Periode eingeleitet hate. In Deutschland fehlten auch durchaus die grösseren 
Aufgaben, an denen die Kunst sich hätte entwickeln können. 
England. 
Das starke Nationalgefühl der Engländer macht sich sowohl in ihrer Auffassung der Neuklassik, 
wie in dem Festhalten an der eigenen mittelalterlichen Überlieferung geltend. Die Engländer allein 
weisen den Einfluss der David schen Schule zurück, ihre Neuklassiker wollen alles von den alten Völkern, 
aber nichts von ihren zeitgenössischen Nachbaren lernen; und wie wir schon oben sahen, beeinliusst die 
von England ausgehende romantische Richtung Frankreich und Deutschland. Schon in der Epoche der 
Renaissance hatten manche spätere stilistische Entwicklungsformen, wie Barock und Rokoko, in England 
nur sehr vorübergehend und in geringem Masse Aufnahme gefunden, desto konstanter blieb die Neigung zu 
einer streng klassischen Renaissance, aber zugleich zur heimischen Gotik. An dieser Hauptrichtung änderte 
das Eintreten der Neuklassik am Ende des 18. Jahrhunderts nichts, denn selbst die einst von Engländern 
herrührenden, mit Enthusiasmus aufgenommenen Veröffentlichungen über die Denkmäler der griechischen 
Antike konnten den Hang zur Romantik nicht verbannen; die Antike und die Gotik sind in dieser Zeit 
als gleichberechtigte Stilformen anerkannt. 
Die Neuklassik Englands ist selbständiger, indes durchaus nicht lobenswerter als die eines anderen 
Landes. In der Dekoration zeigt sich noch mehr als anderwärts eine frostige Steifheit, welche das 
Anmutige ausschliesst und durch die Verwendung der Formen der Aussenarchitektur im Innern den 
falschen Schein von Grösse hervorruft. Die Voutendecke wird zu Gunsten der Kassettendecke aufgegeben, 
die Kassetten werden mit Eierstaben und Pahnettenfriesen eingerahmt und mit mageren Gehiingen aus
	        
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