Volltext: Die Dekorationsformen des 19ten Jahrhunderts

Moderne. 
diesem Sinne etwas zu weit, indem sie die Schönheit der Form vermissen lassen.  Für die Plakate, 
diese Lieblingserzeugnisse des modernen Stils, ist namentlich Jules Cheret in Paris von Bedeutung 
geworden. Für alle Erfindungen dieser Art bietet die japanische Kunst mit ihrem scharf stilisierenden, das 
Bedeutungsvolle hervorhebenden Wirklichkeitssinne die vortreff- 
lichsten Vorbilder. 
 Die Skulptur ist weniger leicht beweglich als die Malerei, 
 , aber auch sie hat ihren Anteil an der modernen Stilisierung 
   genommen, indem sie die rücksichtslose Naturtreue der klassi- 
   sehen Regelmiissigkeit der Formen vorangestellt und die Ereig- 
   nisse des gewöhnlichen Lebens in den Kreis ihrer Darstellungen 
 (er;   gezogen hat. Beispielsweise giebt Constantin Meunier in 
  i, Brüssel in seiner einfachen aber charakteristischen Art die 
l    Statue eines Steinarbeiters (Abb. 68). Ein Bronzerelief von 
 t    demselben „die Minenarbeiter" zeigt eine Gruppe von Bergleuten 
i     in einer Landschaft der Borinage zur Arbeit in den Kohlen- 
 ä S;  1   gruben schreitend. Die ernsten, fast düsteren Münnergestitlten 
 v    sind mit ausserordentlicher Naturwahrheit dargestellt, zugleich 
    mit feinem Liniengefühl und dem Ausdruck eines inneren 
ggf: 7'  v Lebens, das ganz auf die Arbeit gerichtet ist. Van der Stappen 
      in Brüssel giebt das Bronzerelief der Wäscherinnen, die Stadt- 
 -_i  für w; f? erbauer, die Bronzestatuetten der Wasserträgerin, der Ähren- 
 f      leserin, des Kunstarbeiters u. a., sämtlich modern realistisch 
 e m,  dem Stoff nach, aber doch als Ausdruck einer Idee. Jean 
 i; Dampt in Paris hat eine polychrome Büste der Gräfin von 
f:   Bearn geschaffen; Kopf und Hände derselben bestehen aus 
  i Elfenbein; die Bekleidung ist aus Birnbaumholz geschnitzt; die 
k,  i-iiij linke Hand tragt die Figur einer Frau, die mit ihrer Toilette 
1  beschäftigt ist; die rechte Hand stützt das Kinn und giebt dem 
     g  Egge, Porträt den Ausdruck sinnender Beschaulichkeit. Der Rand des 
    Kleides ist auf der Brust mit Einlagen von Gold und Türkisen 
1'     geschmückt, indes ist, ungeachtet der verschiedenen zur Ver- 
    wendung gekommenen Materialien, die Wirkung des Ganzen 
           
   durchaus harmonisch. 
 Wie die oben gegebenen Beispiele bezeugen, ist die moderne 
 k     Stilbewvegung in den meisten Zweigen der bildenden Kunst bereits 
Riyßäa   t über das Stadium der Versuche zu beachtenswerten Leistungen 
Abb 68' Der Sttflnarbelter von durchgedrungen; und es war deshalb möglich, das wirklich Er- 
Consli, lvfeällll_lif'llarussel' reichte in einem gewissen Zusammenhangs darzustellen. Ein 
um] m. um. Zukunftsprogramm aufzustellen, wäre hier nicht der Platz, um- 
soweniger als solche Vorhersagungen stets auf eine Täuschung herauslaufen; aber wie auch die Folge 
der Entwickelung auf dem neuen Wege sich gestalten möge, jedenfalls muss das frische Streben unserer 
Zeit eine warme Anteilnahme hervorrufen; denn in der Kunst gilt das Anstreben mehr als der ruhige 
Besitz und das stilistisch Abgeschlossene büsst sofort einen Teil seines Wertes ein.
	        
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