Frankreich.
messen konnte. Zugleich verfiel man in eine übertriebene Anwendung der alten Tiersymbole, der Greifen,
geflügelten Löwen und dergleichen, ohne zu bedenken, dass sich ehemals ein geistiger Inhalt mit diesen
heute nur noch formschönen Bildungen verknüpft hatte. Es entstand in der Dekoration das sogenannte
,.falsche Griechentuni". Als ornamentales Blattwerk blieb lange Zeit der Akanthus allein herrschend,
und zwar nicht in der griechischen, sondern in der römischen Form des sich abrollenden Rankenwerks.
Der Reichtum der heimischen Flora, den die Renaissance vielfältig für ihre Bildungen herangezogen hatte,
blieb
unbenutzt.
Frankreich.
Empirestil.
Am Ende des 18. Jahrhunderts tritt die französische Revolution auf allen Gebieten, auch auf
dem der Kunst, das Alte stürzend und neue Bahnen eröffnend auf. Frankreich steht in dieser Zeit an
der Spitze der europäischen Entwicklung, indes bereitet sich durch den bald erfolgenden Gegenstoss
gegen die revolutionäre Bewegung eine Änderung in den Beziehungen lilrankreichs zu den übrigen Ländern
vor. Allmählich löst sich das alte Abhängigkeitsverhältnis und die befreiten Völker des übrigen Europas
nehmen mehr und mehr einen selbständigen Weg nationaler Entwicklung.
In der Mitte der künstlerischen Bewegung Frankreichs steht in dieser Zeit der Maler Jacques
Louis David (1748, "l- 1828), ein seine Zeitgenossen bedeutend überragender Künstler, zugleich ein
entschiedener Revolutionsmann, thätiges Mitglied des Nationalkonvents und Arrangeur der theatralischen
republikanischen Feste, mit Rob es p i err e stürzend und darauf nach Italien flüchtend, wo ihm Bonaparte
ein Asyl bot. Später fand David im Kaiser Napoleon den Nationalhelden, den Bändigei" der Anarchie.
Unter der Restauration verbannt, lebte David in Brüssel und blieb daselbst bis zu seinem Tode, nacl1-
dem er einen Ruf nach Berlin ausgeschlagen hatte. Davids Stil erschien im Vergleich zu dem seiner
Yorgänger wirklich original, durch den Gegensatz seiner männlich herben Strenge gegen das leichtfertig
tändelnde Wesen. Davids Malerei zeichnet sich weniger durch das gesuchte Griechentum als durch
die heroische Auffassung des Lebens aus und sticht damit stark genug gegen die Malerei der Amoretten
und galanten Abenteuer ab. Unzweifelhaft schätzte David die Antike, mehr die römische, die er besser
kannte, als die griechische, aber er hatte zugleich ein starkes einfaches Naturgefühl, das sich durch den
Formalismus des antiken Schönheits-Iianons wohl abschWächen aber nicht aufheben liess. Allerdings
erinnert seine Gruppenbildung bisweilen an die Anordnung des antiken Reliefs und es fehlt seinen Figuren
der Pulsschlag des Lebens; dagegen besass David als Erbteil der französischen Schulüberlieferung ein
bedeutendes koloristisches Können und verpilanzte diese Eigenschaft wieder auf seine Schüler.
In der Architektur dieser Zeit fehlt ein so bedeutendes Talent, wie es David in der Malerei
war. Boullee wirkte hauptsächlich als Lehrer in neuklassischer Richtung; Gondouin (1737, T 1818)
errichtete die Schule der Chirurgie mit einem grossartigen Peristil von 6 korinthischen Säulen mit relief-
geschmücktem Giebel und schloss die Strassenfront mit 4 Reihen jonischer Säulen ab; J aques Denis
Antoine (1733, i" 1801) gab dem Portal im inneren Hofe des Hospitiuins der Charite griechisch-dorische
Säulen nach den Mustern von Pästum, während er die Münze noch ganz im palladianischen Sinne errichtete.
Dagegen zeigte das Mineralienkabinet desselben Bauwerks mit korinthischen Säulen, einer Tribuna und
vergoldeten Stuckarbeiten auf weissem Grunde wieder den kalten neuklassischen Charakter. Die Kirche
St. Philippe du Roule, von Chalgrin in den Jahren 1760-1784 erbaut, ist einstöckig, mit dorischem
Säulenportikus und Giebel, monumentartig von einer hohen Attika überragt, an den Seiten schliesst sich
ein Triglyphenfries an. Im Innern der Kirche befinden sich Tonnengewölbe aus Holz auf jonischen
Säulen. Moreau erbaute nach 1763 den schönen dreifachen Eingang zum Palais royal, durch Arkaden