Volltext: Die Dekorationsformen des 19ten Jahrhunderts

Stoffe und Tapeten. 
Wasservögel im Rohrdickicht, Zweige mit Blättern und Blüten, Lilien auf hohen Stengeln u. a. Die 
gewebten Stoffe von J. F landrin enthalten Figürliches in ganz moderner Auffassung, zum Beispiel ein 
junges Mädchen am Theetische sitzend; Ranson giebt in ähnlicher Weise auf Stoffen: den „Frühling", 
"Frauen zwischen blütenbesetzten Baumen", dann "Frauen und Kinder beim Spiel in einer Landschaft" u. a. 
Tapeten. 
Die Umwälzung, die in den Mustern für Papiertapeten stattgefunden hat, ist zunächst von 
England ausgegangen, und hat die Thätigkeit bedeutender Künstler in Anspruch genommen. Namentlich 
in der Anwendung heimischer, aber stilisierter Blumen für ihre Zeichnungen {haben die Engländer 
Vorzügliches auf diesem Spezialgebiete geleistet. Auch der Baum spielt auf den englischen Tapeten 
eine bedeutende Rolle, und wird nach persischen oder japanischen Mustern stilisiert. Walter Orane, 
sehr fruchtbar in diesen Erfindungen, hat, wie auch andere seiner Mitstrebenden, den einzelnen Tapeten- 
mustern besondere Namen gegeben, welche dem Inhalte des Dargestellten entprechen. Die Tapete 
„La Margarete", zeigt ein Muster, welches, mehr sonderbar als schön, wesentlich aus einer regelmässig 
wiederkehrenden Devise hergestellt ist, und zum Abschluss desselben nach oben einen Fries mit Karyatiden; 
„The Meadows" hat einen mit Butterbluinen übersäten Grund; i„The Peakok Garden" ist von Pfauen 
gebildet, welche regelmässig in einem Rankenmuster wiederkehren. Von Hellen M. C0 wan teilt „The 
Studio" ein Tapetenmuster mit, in dem die Halbfigul" einer nackten Frau, nicht sehr geschmackvoll, 
wiederholt wird. Eine Tapete von M. H. Wilson heisst „der Wald" (Art et Decoration); Arthur 
Silver lehnt sich in seinen Kompositionen an persische Muster an; Heywood Sumer bildet eine 
Zeichnung aus Feigen- und Olivenzweigen, welche von senkrecht aufsteigenden Stämmen ausgehen. 
Christiansen giebt ein Muster aus stilisierten Ranken mit Blättern und Blüten; ein anderes mehr 
japanisierendes Muster von demselben ist in zwei Tönen einer Farbe, auch in zwei verschiedenen Farben 
gehalten. Ein Muster von Voysey zeigt Distelblätter und Blüten; ein anderes Muster von Frl. Gandie 
stellt Fische, zwischen Algen schwimmend, dar. Der Maler Adolphe Crespin in Brüssel giebt ein 
Muster mit regelmässig wiederkehrenden Papageien und Blumenvasen, ein zweites mit Pfauenfedern, ein 
drittes mit Fischen. Übrigens vermeidet Crespin die sonst wohl vorkommenden phantastischen Über- 
treibungen in Form und Farbe, seine Muster geben einen ruhigen Hintergrund und schliessen sich eng 
an natürliche Vorbilder an, nur einzelnes verrät den Einfluss japanischer Studien. Das Absonderlichste 
in Tapetenmustern leistet Gerhard Munthe in Christiania (The Studio). Auf einem Entwürfe zeigt er 
Kinder im Nachthemd in einer dunklen Stube gruselnd; die Wände derselben sind oben mit fabelhaften 
Gestalten geschmückt, während unten ein drohender Drache als Verzierung angebracht ist. Noch 
schreckhaft fratzenhafter ist ein zweites Muster von demselben, der „Thurm des Bluts" genannt, hier 
zeigen sich känguruhartige Ungetüme; endlich erscheinen in den „Töcl1tern des Nordlichts" spukhafte 
Frauengestalten in Gesellschaft von Eisbären in einer Polarnacht. Man kann sich kaum einen Raum 
denken, in dem diese überphantastischen, ungemütlichen Wandverzierungen erwünscht sein könnten. 
Beleuchtungskörper. 
Die Gestaltung der Beleuchtungskörper für Gas und elektrisches Glühlicht ist vielfach in neue 
Bahnen geleitet worden, besonders letztere, welche noch einem weniger angebauten Felde angehören. 
Eine gotische Gaskrone von Bind und Lotze zeigt eine glückliche Verwendung heimischer Pilanzenmotive; 
eine Gühlichtkrone von Kellner und Reinherz in München (Kunst und Handwerk) ist in leichtgebogenen 
drahtartigen Formen hergestellt und mit natürlichen Blumen geschmückt, welche leicht mit Stuck über- 
zogen und in verschiedenen Farben bemalt sind.  Die Arbeiten in Schmiedeeisen, namentlich Gitter 
und Thore, halten noch meist an der älteren Stilisierung fest und wenden nur selten die neuen
	        
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