Deutschland.
gemeinschaftlich ausgeführten Bauten hat letzterer wohl das künstlerische Übergewicht. Das Kleinsche
Wohnhaus in Brünn, in Sandstein ausgeführt, mit einem Erker an der Fassade, zeigt eigentümlicher
Weise die Verwendung von Eisen für die Teilungspfosten der grossen Fenster und die Konsolen des
Hauptgesimses. Das Innere, mit polierten Holztäfelungen und Stuckmarmor ausgestattet, ist ganz im
Sinne der Hansenschen hellenistischen Renaissance gehalten. Von Förster und Hansen gemein-
schaftlich sind noch ausgeführt: das Bethaus der evangelischen Gemeinde in Gumpendorf, italienisch
romanisch, dreischiffig mit doppelten Emporen und Kanzel über dem Altar, mit durch Gurtbtigen
geteilten Tonnengewölben, ohne Turm, der damals noch nicht gestattet war; in Wien das Baron Riegersche
Zinshaus mit einer Fassadenornamentik in gebranntem T hon, einer Haupttreppe, welche als Wendeltreppe
mit hohler Spindel gestaltet ist, sonst im Grundriss ohne künstlerische Durchbildung; das Haus der Frau
Wagner; ein Gasthaus in der Leopoldstadt; die Baron Pereirasche Villa auf Königstetten, Welche sich
dem byzantinischen und arabischen Baustile in freier Auffassung anschliessen soll, aber in Wirklichkeit
eine Art italienisch-roinantischer Gotik bietet, so dass man den Aufwand an schönem Material, Sandstein
für die Fassaden und Terrakotta für die Details, bedauern kann. Ein Jagerhaus bei Vöslau für Graf
Fries, von Förster und Hansen, in rustikaler Durchbildung, bietet kein künstlerisches Interesse.
An der Brücke über den Wienfiuss (1854), welche Flachbogen in antiker Formensprache zeigt, an den
Markthallen in Vöslau, in romanisierenden Formen, mit Säulen und Gesimsen in Sandstein, Wänden von
Ziegeln und Terrakotten ausgeführt, dürfte Förster einen grösseren Anteil haben. Hansen erbaute
dann selbständig mehrere Palais: für Erzherzog Wilhelm, für Todesco, für Eppstein, dann das Gebäude
der Gesellschaft für Musikfreunde, mit der etwas bedenklich vielfachen Anwendung der Karyatiden als
Stützen der inneren Galerien, und als glanzvollstes Beispiel der Zinshausgruppen in Wien den Heinrichshof
für Drasche (1861-1863). In späterer Zeit wird Hansen immer stärker hellenistisch; so lässt sein
Herrenhaus in Wien (seit 1865) durchaus das Charakteristische, den Ausdruck der modernen Bedürfnisse
vermissen. Sein Entwurf zum Museum für Wien zeigt auf einer kolossalen Terrasse zwei Flügelgebäude,
die an der Hinterseite durch einen schmalen Trakt verbunden sind, dessen Mitte ein jonischer Tempel
bildet. Von Romano und Schwendenwein rührt das Sinasche Haus in der Bischofsgasse her, von
Romano allein das Adelskasino. Weber erbaut das allzustark gruppierte Gebäude der Garten-
Gesellschaft, und das bessere, eine gute italienische Renaissance zeigende Künstlerhaus in Wien. Die
Zinshäuser dieser Zeit bieten eine Musterkarte der Nachahmungen aller italienischen Renaissancemuster,
gelegentlich auch der französischen Hochrenaissance. Heinrich von Ferstel (1828-1883), ein
geborener Wiener, Schüler Siccardsburgs und van der Nülls, neigt stark zu einer eklektischen
Auffassung der Architektur. Ein Schloss für den Grafen Nostiz und der Entwurf für die Breitenfelder
Kirche eröffnen die Reihe seiner Schöpfungen. In einem Wettbewerb für den Bau der Votivkirche in
Wien (1854) erhält F erstel den ersten Preis für einen Entwurf im französisch-friihgotischen Stile, in
der Gestalt einer zweitürmigen Kathedrale. Von einer eignen Auffassung der Gotik, namentlich von
deutscher Formgebung ist in dem Entwürfe nichts zu bemerken. F erstel erhielt die Ausführung und
stellte die Kirche zusammen mit Joseph Kranmer, dem bisherigen Dombaumeister von Prag, in den
Jahren 1856-1871 fertig. Ebenfalls 1854 gewann Ferstel in dem Wettbewerbe um das Gebäude der
östreichischen Nationalbank in Wien den Preis. Sein Entwurf zeigte diesmal romanische Motive mit
italienischer F rührenaissance gemischt und kam 18:36_l860 zur Ausführung. Hierauf folgten eine grosse
Anzahl seiner Bauten: Das Pollaksche Wohnhaus in Wien, die katholische Kirche in Schönau bei Teplitz,
die protestantische Kirche in Brünn (l863_1867), beide in gotischen Formen, die Villa Wisprill am
Gmundener See und eine Anzahl Paläste, in denen Ferstel zur italienischen Hochrenaissance übergeht,
nämlich das Palais für den Erzherzog Ludwig Victor, das für Herrn von Wertheim und das für Herrn von
Ofenheim. In derselben Stilrichtung führte F er stel in späteren Jahren einige Häuser am Schottenring und