XXXIX MEISTERHOLZSCHNITTE XL
edite par Hauser 1843cc, unter Nr. 127 publicirt. Soweit
es die runde Form der Platte zuliess, ist die Disposition
des Holzschnittes beibehalten, die Gegenstände und die
ilnschriften sind identisch. Summarisch wurde der Gegen-
stand auch auf einem Cameo der Nationalbibliothek repro-
ducirt, den Chabouillet in seiner vNotice du Cabinet des
medaillese unter Nr. 317 beschrieben hat. Interessant ist
ferner eine Mittheilung des Gymnasialdirektors Dr. A. Jordan
in Lemgo, dass das schöne Epiraph des Moritz von Donop
in der dortigen Nicolaikirche ebenfalls unter directer Be-
nutzung des Tory'schen Holzschnittes componirt ist. Die
Tafel ist wie auf dem Holzschnitt durch einen Baum in
zwei Hälften getheilt, dessen Zweige links (Altes Testament)
kahl, rechts (Neues Testament) belaubt sind. Links unten
der Sündenfall, darunter ein offener Sarg mit einem Ge-
rippe (I 3 des Holzschnittes), Andeutung des Todes als
Folge der Sünde (I 1 u. 2). Darüber, zur Hauptdarstellung
geworden, die eherne Schlange (I 8) mit den Zelten im
Hintergrund (I 7); Jerusalem terrestre ist vom Steinmetzen,
dessen Mittel Vereinfachung "forderten, weggelassen. Moses
und Aaron grösser als auf dem Holzschnitt, desgleichen
die betende Frau mit Kind. Oben die Gesetzgebung auf
Sinai. Rechts unten die Auferstehung Christi. Christus
auf Tod und Teufel tretend. Darüber die Kreuzigung
als Hauptdarstellung mit Jerusalem als Hintergrund; über
letzterem die Verkündigung an die Hirten (I 3 Gloria in
excelsis). Am Fusse des Kreuzes das Lamm mit der
Fahne (I 5 des Holzschnittes). Davor kniet der Ver-
storbene in Rüstung mit Schwert und Streitkolben und
seine Wittwe Christina von Kerssembrok. Oben die Ver-
kündigung an Maria. An den Wurzeln des mittleren
Baumes ein offenes Grab (mit der Inschrift: vlch armer
Mensch, wer wird mich erlösen vom L. d. T4), auf ihm
ein unbekleideter Mann die gefalteten Hände erhebend;
links Jesaias mit der Spruchtafel (Eine Jungfrau wird
schwanger werden etc.), rechts Johannes der Täufer auf
den Gekreuzigten weisend (Tafel mit der Inschrift: Siehe
da ist Gottes Lamm etc.). Die Abhängigkeit von dem
Tory'schen Blatte ist klar. Einer der v. Donop wird ein
Exemplar des Holzschnittes aus Frankreich mitgebracht
haben.
Tafel 164 8a 165. Zimmerinterieur mit einem jungen
Cavalier, der um eine reiche alte Wittwe freit. Anonymer
französischer Holzschnitt um 1 580. Paris, Nationalbibliothek.
Originalgrösse. Mit dem Schlusse des 1 6.Jahrhunderts endete
auch die Blüthezeit des alten Holzschnittes. Mit der Ent-
wicklung der bequemen Radirung verlor er seit dem Beginn
des 17. Jahrhunderts überall an Boden. An den grossen
Aufgaben, welche das Emporkommen der holländischen,
der vlämischen und der französischen Kunst in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts den reproducirenden Techniken
stellte, hat der Holzschnitt keinen Theil gehabt. Er wurde
im Allgemeinen nur noch für untergeordnete Zwecke ver-
wendet und selbst aus der Buchillustration durch den zarten
Kupferstich verdrängt, obgleich sich dieser nur sehr um-
ständlich und kostspielig in den Typendruck einfügen liess.
Die wenigen Künstler, die auch jetzt noch für den Holz-
schnitt arbeiteten, sind in den folgenden Tafeln repräsentirt.
Tafel 165. jan Livens, geboren 1607 in Leyden,
1630-33 in London, dann in Antwerpen thätig, wo er
166 3 gestorben sein soll. Brustbild eines ganz von vorn
gesehenen ältlichen Mannes. Clairobscur von zwei Platten,
Reproduction in Originalgrösse nach dem Exemplar des kgl.
Kupferstichkabinets in München. Andere Exemplare in
Amsterdam, Berlin, Dresden (Sammlung Friedrich August).
Vgl. Nagler, Monogrammisten III, p. 1051, N0. 75. Ausser
2 Landschaften sind nur 6 Porträts von Livens vorhanden.
Diese aber gehören durch die markige Energie der Auf-
fassung, wie durch die geistreiche Bravour der Holzschnitt-
technik zum Schönsten, was in diesem Kunstzweig her-
vorgebracht wurde, so dass man sie lange Zeit in die
Nähe Tizians setzen zu müssen glaubte. Zwei weitere
Porträts von ihm sind in Tafel 183 und 184 reproducirt.
Tafel 166. Hendrick Galtrius. Eine Mühle an einem
Wasserfall; links unten das Monogramm. Clair obscur
von drei Platten. Vgl. Bartsch, Peintregraveur III, p. 75,
Nr. 242. Originalgrösse. Hendrick Goltzius in Harlem,
dessen Hauptbedeutung bekanntlich auf dem Gebiete des
Kupferstiches liegt, hat im Ganzen etwa 20 Holzschnitte,
meistens in Helldunkel, hinterlassen.
Tafel 167 und 168. Hendrick Goltrius. Galatea von
Delphinen gezogen. Bartsch III, p. 73, Nr. 235. Original-
grösse.
Tafel 169. Christoph van Sichem, Schüler von Goltzius,
geb. zu Delft um 1580, arbeitete 1600-1646 in Amster-
dam. Er schnitt nach Zeichnungen seines Meisters ausser
einer heil. Cäcilie und einer Judith 1607 auch das hier
reproducirte Porträt des herzogl. bayrischen Landhofmeisters
Otto Heinrich von Schwarzenberg, das diesen in Halbtigur
mit Federbarett, in der Linken den Handschuh haltend,
darstellt. Vgl. Andresen, Handbuch für Kupferstich-
sammler II, p. 507, Nr. 13. Original h. 305 mm, br.
202 mm.
Tafel 170 und 171. Paulus Moreelse, der bekannte
Porträtmaler, Schüler von M. van Mierevelt, geb. zu Utrecht
1571, gest. das. als Bürgermeister 1638, hinterliess zwei
hübsche Holzschnitte in Clairobscur, einen Tod der Lu-
cretia und das hier reproducirte Blatt: Amor zwischen zwei
antik gekleideten Frauen tanzend. Links unten die Be-
zeichnung: P. Moreelse 1612. Vgl. Andresen, Handbuch
für Kupferstichsammler, II, p. 188. Reproduction nach
dem Exemplar des kgl. Kupferstichkabinets in München.
Tafel 172. Claristopk Iegher, Formschneider aus der
Schule von Rubens, geb. in Antwerpen 24. Aug. 1596,
gest. das. 1652. Der Liebesgarten oder Venus-Lusthof
nach Rubens. Verkleinerte Reproduction der rechten Hälfte
des aus zwei grossen Tafeln bestehenden Blattes nach dem
Exemplar des kg]. Kupferstichkabinets zu Brüssel. Vgl.
Hymans, La gravure dans Pecole de Rubens, p. 449.
Original h. 390 mm, br. 530 mm. Rubens wusste, ob-
wohl von den etwa 100 Compositionen für Büchertitel
und Buchillustrationen, die er für verschiedene Drucker
anfertigte, fast alle durch den Kupferstich vervielfältigt
sind, doch auch die YVirkung des Holzschnittes sehr wohl
zu schätzen. Er war gerade in Mantua gewesen, als
Andreani für den Herzog Gonzaga Montegnas Triumph
des Caesar in Clair-obscur herausgab, und hat später wesent-
lich dazu beigetragen, dass auch in Antwerpen der Holz-
schnitt für kurze Zeit wieder autlebte. Dass sein Mit-
arbeiter auf diesem Gebiete, Christoph jegher, deutscher
Abkunft war, worauf sein Name und sein Metier hinzu-
deuten scheinen, ist nur Verniuthung. 1627]28 wurde
er als Holzschneider in die Antwerpner Malergilde aut-
genommen und scheint bald darauf mit Rubens in Ver-
bindung getreten zu sein. Schon als dieser die Plantinsche
Druckermarke zeichnete die Hand mit dem Compass
und der Devise: labore et constantia wurde Jegher
mit dem Schnitt betraut und erhielt nach einer Rechnung
vom 24. Juli 1631 für dieses Werk 7 H. Ein Dutzend
Blätter ging aus der Verbindung der beiden Männer hervor.
Und welche Bedeutung Rubens selbst ihnen beilegte, geht
daraus hervor, dass er sich auf allen Arbeiten Jeghers durch
die Unterschrift „P. P. Rubens delineavit et excudit" als
Herausgeber angab und ihre Ausführung selbst sorgfältig
überwachte. Zeugniss dafür sind die werthvollen Probe-
drucke des Pariser Kupferstichkabinets, die von Rubens