Volltext: Meister-Holzschnitte aus vier Jahrhunderten

XXV 
MEISTERHOLZSCHNITTE 
XXVI 
Blattwerk mit Blüthenkelch, von dem nach beiden Seiten 
Delphine sich bewegen, denen eine Volute aus dem Maule 
wächst. Die Zwickel der rundbogigen Umrahmung sind 
mit Laubwerlt gefüllt, die Pilaster mit einem Kreis in der 
Mitte sind marmorartig behandelt. Im Oberlicht der Thür 
ist ein Medaillon mit einem bärtigen hlännerltopf angebracht. 
Unbezeichnet (Dresden, XVien, Paris, Sammlung Foulc.) 
Ans dem Vitruv des Rivius, Nürnberg 1848, Reimers 
No. 54, 
Tafel 104. Derselbe: Groteske, weiss anf schwarzem 
Grunde. Unten tanzen 6 Putten einen Reigen. In der 
Mitte erhebt sich ein Aufbau aus Kandelabertheileti und 
Schalen, welcher bekrönt wird von einem Korb mit Laub 
und Früchten, in dem eine nackte weibliche Figur steht. 
Dieselbe umfasst mit den abgestreckten Händen Akanthtis, 
aus dem Weinranken mit Trauben heranswzichseil. Von 
einer Qnerstange in der Mitte hängt ein Tuch guirlanden- 
artig herab mit den) hlonogramm P F 1533. Links unten 
in der Ecke befindet sich der Klöpfel, in der Ecke rechts 
der Meissel. Reimers 80. Original im ltgl. Kupferstich- 
kabinet in Dresden. 
Tafel 105. Derselbe. Ornament, weiss auf schwarzem 
Grunde. In der Mitte unten erhebt sich auf einem Drei- 
fuss, dessen Fussobertheile als Hundeköpfe gebildet sind, 
ein kandelaberartiger Aufbau, welcher oben in einem ge- 
wundenen Stiele mit Laubwerk endet. In der Mitte des- 
selben hängt ein Schild. Links und rechts neben dem 
Dreifuss umfasst je ein geflügelter Knabe mit der einen 
Hand den l-Iundehals, mit der andern eine grosse, aus 
dem Füllhorn hervorwachsende Weinranke mit Trauben. 
Ohne Bezeichnung. Dresden. Vergl. Passavant, Peintre- 
graveur III, p. 256, N0. 31. J. Ileimers, Peter Flötner nach 
seinen Handzeichnungen und Holzschnitten, München 1890, 
p. 115, N0. 81. Originalgrösse. 
Tafel 106 und 107. Hans Lüzfrelburger, der Form- 
schneider Hans Holbeins d.  thätig in Basel 1323-26, 
nach einem unbekannten Meister H. N. Der Kampf im 
Walde zwischen Bauern und nackten Männern. Erstere 
sind mit Gabeln und Pickeln, letztere mit Säbeln und 
runden Schildern bewaffnet. In der linken Ecke sieht 
man ein Täfelchen mit dem Monogr. H N; darunter steht 
links Hanns Leuczelburger, Formschneider 1522; rechts 
ist eine Tafel mit einem Alphabet, durch das sich Lützel- 
burger gewlssermassen den Buchdruckern empfehlen wollte. 
Die Darstellung scheint durch des Thomas Morus 1518 
in Basel erschienene Schrift vDe optimo Reip. Statn deque 
nova insula Utopiae angeregt, da auf dem Dresdener 
Exemplar ein dreispaltlger Spruch beigedruckt ist: sAin 
Insel haisst Utopien, Die leyt nit ferr von Morion, Da 
geschach ain sollichs schlagen etce Vgl. Nagler, Mono- 
grammisten III, p. 485; Wolttnann Holbein, p. 193; 
Bartsch VII, p. 552, Nr. 1; Passavant III, p. 445. Nach 
Woltmann sollen die Reime die Schreibart des Augsburger 
Dialectes zeigen, wesshalb er das Blatt in Augsburg ent- 
standen sein lässt. Da jedoch der Zusammenhang mit 
dem Buche des Thomas Morus auf Basel weist, so möchte 
ich es doch eher für diese Stadt in Anspruch nehmen. 
Uebrigens ist es das einzige Blatt, das Lützelburger, der 
Begründer des eigentlichen sFeinsehnittese, vor seiner Ver- 
bindung mit Holbein geschnitten hat. Wo sich Lützel- 
burger aufgehalten, bevor er nach Basel kam, ist unbekannt. 
Reproduction in Originalgrösse nach dem Exemplar des kgl. 
Kupferstichkabinets zu München. 
Tafel 108. Urs Graf. Eine Satyrfamilie. Urs Graf, 
der tolle Goldschmied, der kecke Reislaufer und originelle 
flotte Zeichner, war der populärste Schweizer Künstler im 
ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. In seinen Blättern 
spiegelt sich besonders kräftig die urwüchsige Derbhcit 
und ungezügelte Sinnlichkeit jener Jahre wider. Dieser 
einstige Goldschmiedlehrling, der als Landsknecht in der 
mörderischen Schlacht von lviarignano kämpfte, der noch 
als 38jährigcr Mann mit Gefängniss bestraft ward, weil 
er nebst anderen Gesellen gegen das Verbot in den Krieg 
gezogen, der immer von netäem in dnäghtiliche Sctreiche 
und Händel verwickelt war, er wie er ot vor ericht 
verwarnt wurde, zum sins uppigen Lebens wollen, so er 
offenlich und unverschampt mit den metzen iJYLIChIK, der 
geloben muss, dass er sin eeliche gemahel, die Tochter 
eines ehrbaren Gerbermeisters, die ihn in ganz roman- 
tischer XVeise gegen den NVillen ihrer Eltern geheirathet 
hatte, sfürterhin weder stossen, slahen, knutschen, clemmentc 
wolle, ein solcher Mann ist selbstverständlich auch in 
seinen Holzschnitten von übermüthigem Humor und kräftiger 
Sinnlichkeit. Namentlich das Landsknechtsleben, das er mit- 
gemacht, spiegelt sich hier mit unübertretfhchcr Lebendig- 
keit in seiner ganzen Derbheit und Nßlüfläillllißäl, alär 
auch in seiner Ganzen romzrntischen Phantasti' wi er. u 
den Landskncchzien gehören natürlich die Dirnen, wobei 
er seiner Vorliebe für saftige Zoten fröhnt. Nicht nur 
in seinen Zeichnungen, auch in seinen Holzschnitten sind 
Nacktheiten vorherrschend. Mit welcher Virtuosität ist 
der Körper des nackten Weibes apf  Blattel der Satyr- 
familie Gezeichnet. Ein stehent er atyr blast in ein 
Horn; zzü seinen Füssen sitzt ein nacktes Weib, welches 
einen Knaben an sich heranzieht. An einem Aste des 
dürren Stammes hängt das Tiifelchen mit dem Mono- 
gramm und der Iahrzahl 1520. Die Technik ist bei 
diesem Blatte die gleiche, wie wir sie z. B. auch bei dem 
interessanten Titelblatte zum sPomerium de tempore fra- 
bris Pelbartia, Augsburg H. Othmar 1504 (Butsch Bücher- 
ornamentik I, Tafel 18) finden: Die Zeichnung wurde in 
ganz feinen Linien vertieft, so dass sie beim Abdruck 
weiss auf schwarzem Grund erschien. Vgl. His, Be- 
schreibendes Verzeichniss des XVerks von Urs Graf in 
Zahn's Iahrbüchern für Kunstwissensshaft Vl, p. 177, 
No. 283; Passavant, Peintregraveur III, p. 429, No. 116. 
Das Original h. 202 mm, br. 116 mm, leider etwas be- 
schädigt, befindet sich in der öffentlichen Kunstsammlung 
in Basel. 
Tafel 109. Derselbe. Der lauernde Tod, eine jener 
Landsknechtsscenen, wie sie Graf so liebte. Am Fusse 
eines dürren Baumes, auf welchem der Tod, auf seine 
Sanduhr weisend, lauert, stehen zwei Landsknechte, der 
hintere eine Lanze haltend. Neben ihnen sitzt links im 
Grase eine Dirne, die ein Hündchen im Schoos hält Den 
Hintergrund bildet ein See mit reizender Schweizerland- 
schaft. Das Monogramm mit der jahrzahl 1524 befindet 
sich am Hauptaste des Baumes. Vgl. His, Beschreibendes 
Verzeichniss des Werks von Urs Graf in Zahn's jahrbüchern 
der Kunstwissenschaft VI, p. 176, No. 280. Passavant, 
Peintregraveur III, p. 429, N0. 117. Original h. 203 mm, 
br. 117 mm in der öffentlichen Kunstsammlung zu Basel. 
Für Graf charakteristisch ist nicht nur die ungemein kokette 
Haltung der Dirne. sondern auch der merkwürdige Sinn 
für landschaftliche Schönheit. Die ländlichen Hintergründe 
seiner Zeichnungen sind reizend, wenn auch oft phanta- 
stisch zusammenarrangirt. Sie erinnern nicht selten an 
Dürer; aber der Künstler, dem er am meisten, oft sogar 
zum Verwechseln gleich kommt, ist Niclaus Manuel Deutsch 
von Bern, mit dem er auch in anderer Beziehung, z. B. 
in der koketten Haltung seiner Figuren grosse Verwandt- 
schaft zeigt. 
Tafel 110 8: 111. Nicolaus Manuel, gen. Deutsch, 
geb. in Bern 1484, gest. 1530. Zwei Blätter aus der 
Folge der klugen und thörichten Jungfrauen. Bartsch, 
Peintregraveur VII, p. 469, No. 7 und 8. Auf jedem
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.