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MEISTERHOLZSCHNITTE
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Blattwerk mit Blüthenkelch, von dem nach beiden Seiten
Delphine sich bewegen, denen eine Volute aus dem Maule
wächst. Die Zwickel der rundbogigen Umrahmung sind
mit Laubwerlt gefüllt, die Pilaster mit einem Kreis in der
Mitte sind marmorartig behandelt. Im Oberlicht der Thür
ist ein Medaillon mit einem bärtigen hlännerltopf angebracht.
Unbezeichnet (Dresden, XVien, Paris, Sammlung Foulc.)
Ans dem Vitruv des Rivius, Nürnberg 1848, Reimers
No. 54,
Tafel 104. Derselbe: Groteske, weiss anf schwarzem
Grunde. Unten tanzen 6 Putten einen Reigen. In der
Mitte erhebt sich ein Aufbau aus Kandelabertheileti und
Schalen, welcher bekrönt wird von einem Korb mit Laub
und Früchten, in dem eine nackte weibliche Figur steht.
Dieselbe umfasst mit den abgestreckten Händen Akanthtis,
aus dem Weinranken mit Trauben heranswzichseil. Von
einer Qnerstange in der Mitte hängt ein Tuch guirlanden-
artig herab mit den) hlonogramm P F 1533. Links unten
in der Ecke befindet sich der Klöpfel, in der Ecke rechts
der Meissel. Reimers 80. Original im ltgl. Kupferstich-
kabinet in Dresden.
Tafel 105. Derselbe. Ornament, weiss auf schwarzem
Grunde. In der Mitte unten erhebt sich auf einem Drei-
fuss, dessen Fussobertheile als Hundeköpfe gebildet sind,
ein kandelaberartiger Aufbau, welcher oben in einem ge-
wundenen Stiele mit Laubwerk endet. In der Mitte des-
selben hängt ein Schild. Links und rechts neben dem
Dreifuss umfasst je ein geflügelter Knabe mit der einen
Hand den l-Iundehals, mit der andern eine grosse, aus
dem Füllhorn hervorwachsende Weinranke mit Trauben.
Ohne Bezeichnung. Dresden. Vergl. Passavant, Peintre-
graveur III, p. 256, N0. 31. J. Ileimers, Peter Flötner nach
seinen Handzeichnungen und Holzschnitten, München 1890,
p. 115, N0. 81. Originalgrösse.
Tafel 106 und 107. Hans Lüzfrelburger, der Form-
schneider Hans Holbeins d. thätig in Basel 1323-26,
nach einem unbekannten Meister H. N. Der Kampf im
Walde zwischen Bauern und nackten Männern. Erstere
sind mit Gabeln und Pickeln, letztere mit Säbeln und
runden Schildern bewaffnet. In der linken Ecke sieht
man ein Täfelchen mit dem Monogr. H N; darunter steht
links Hanns Leuczelburger, Formschneider 1522; rechts
ist eine Tafel mit einem Alphabet, durch das sich Lützel-
burger gewlssermassen den Buchdruckern empfehlen wollte.
Die Darstellung scheint durch des Thomas Morus 1518
in Basel erschienene Schrift vDe optimo Reip. Statn deque
nova insula Utopiae angeregt, da auf dem Dresdener
Exemplar ein dreispaltlger Spruch beigedruckt ist: sAin
Insel haisst Utopien, Die leyt nit ferr von Morion, Da
geschach ain sollichs schlagen etce Vgl. Nagler, Mono-
grammisten III, p. 485; Wolttnann Holbein, p. 193;
Bartsch VII, p. 552, Nr. 1; Passavant III, p. 445. Nach
Woltmann sollen die Reime die Schreibart des Augsburger
Dialectes zeigen, wesshalb er das Blatt in Augsburg ent-
standen sein lässt. Da jedoch der Zusammenhang mit
dem Buche des Thomas Morus auf Basel weist, so möchte
ich es doch eher für diese Stadt in Anspruch nehmen.
Uebrigens ist es das einzige Blatt, das Lützelburger, der
Begründer des eigentlichen sFeinsehnittese, vor seiner Ver-
bindung mit Holbein geschnitten hat. Wo sich Lützel-
burger aufgehalten, bevor er nach Basel kam, ist unbekannt.
Reproduction in Originalgrösse nach dem Exemplar des kgl.
Kupferstichkabinets zu München.
Tafel 108. Urs Graf. Eine Satyrfamilie. Urs Graf,
der tolle Goldschmied, der kecke Reislaufer und originelle
flotte Zeichner, war der populärste Schweizer Künstler im
ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. In seinen Blättern
spiegelt sich besonders kräftig die urwüchsige Derbhcit
und ungezügelte Sinnlichkeit jener Jahre wider. Dieser
einstige Goldschmiedlehrling, der als Landsknecht in der
mörderischen Schlacht von lviarignano kämpfte, der noch
als 38jährigcr Mann mit Gefängniss bestraft ward, weil
er nebst anderen Gesellen gegen das Verbot in den Krieg
gezogen, der immer von netäem in dnäghtiliche Sctreiche
und Händel verwickelt war, er wie er ot vor ericht
verwarnt wurde, zum sins uppigen Lebens wollen, so er
offenlich und unverschampt mit den metzen iJYLIChIK, der
geloben muss, dass er sin eeliche gemahel, die Tochter
eines ehrbaren Gerbermeisters, die ihn in ganz roman-
tischer XVeise gegen den NVillen ihrer Eltern geheirathet
hatte, sfürterhin weder stossen, slahen, knutschen, clemmentc
wolle, ein solcher Mann ist selbstverständlich auch in
seinen Holzschnitten von übermüthigem Humor und kräftiger
Sinnlichkeit. Namentlich das Landsknechtsleben, das er mit-
gemacht, spiegelt sich hier mit unübertretfhchcr Lebendig-
keit in seiner ganzen Derbheit und Nßlüfläillllißäl, alär
auch in seiner Ganzen romzrntischen Phantasti' wi er. u
den Landskncchzien gehören natürlich die Dirnen, wobei
er seiner Vorliebe für saftige Zoten fröhnt. Nicht nur
in seinen Zeichnungen, auch in seinen Holzschnitten sind
Nacktheiten vorherrschend. Mit welcher Virtuosität ist
der Körper des nackten Weibes apf Blattel der Satyr-
familie Gezeichnet. Ein stehent er atyr blast in ein
Horn; zzü seinen Füssen sitzt ein nacktes Weib, welches
einen Knaben an sich heranzieht. An einem Aste des
dürren Stammes hängt das Tiifelchen mit dem Mono-
gramm und der Iahrzahl 1520. Die Technik ist bei
diesem Blatte die gleiche, wie wir sie z. B. auch bei dem
interessanten Titelblatte zum sPomerium de tempore fra-
bris Pelbartia, Augsburg H. Othmar 1504 (Butsch Bücher-
ornamentik I, Tafel 18) finden: Die Zeichnung wurde in
ganz feinen Linien vertieft, so dass sie beim Abdruck
weiss auf schwarzem Grund erschien. Vgl. His, Be-
schreibendes Verzeichniss des XVerks von Urs Graf in
Zahn's Iahrbüchern für Kunstwissensshaft Vl, p. 177,
No. 283; Passavant, Peintregraveur III, p. 429, No. 116.
Das Original h. 202 mm, br. 116 mm, leider etwas be-
schädigt, befindet sich in der öffentlichen Kunstsammlung
in Basel.
Tafel 109. Derselbe. Der lauernde Tod, eine jener
Landsknechtsscenen, wie sie Graf so liebte. Am Fusse
eines dürren Baumes, auf welchem der Tod, auf seine
Sanduhr weisend, lauert, stehen zwei Landsknechte, der
hintere eine Lanze haltend. Neben ihnen sitzt links im
Grase eine Dirne, die ein Hündchen im Schoos hält Den
Hintergrund bildet ein See mit reizender Schweizerland-
schaft. Das Monogramm mit der jahrzahl 1524 befindet
sich am Hauptaste des Baumes. Vgl. His, Beschreibendes
Verzeichniss des Werks von Urs Graf in Zahn's jahrbüchern
der Kunstwissenschaft VI, p. 176, No. 280. Passavant,
Peintregraveur III, p. 429, N0. 117. Original h. 203 mm,
br. 117 mm in der öffentlichen Kunstsammlung zu Basel.
Für Graf charakteristisch ist nicht nur die ungemein kokette
Haltung der Dirne. sondern auch der merkwürdige Sinn
für landschaftliche Schönheit. Die ländlichen Hintergründe
seiner Zeichnungen sind reizend, wenn auch oft phanta-
stisch zusammenarrangirt. Sie erinnern nicht selten an
Dürer; aber der Künstler, dem er am meisten, oft sogar
zum Verwechseln gleich kommt, ist Niclaus Manuel Deutsch
von Bern, mit dem er auch in anderer Beziehung, z. B.
in der koketten Haltung seiner Figuren grosse Verwandt-
schaft zeigt.
Tafel 110 8: 111. Nicolaus Manuel, gen. Deutsch,
geb. in Bern 1484, gest. 1530. Zwei Blätter aus der
Folge der klugen und thörichten Jungfrauen. Bartsch,
Peintregraveur VII, p. 469, No. 7 und 8. Auf jedem