Volltext: Meister-Holzschnitte aus vier Jahrhunderten

VII MEISTERHOLZSCHNITTE 
VIII 
Tafel 15. Anonymer kölrzischer Meister. Adam und Eva 
unter dem Baum der Erkenntniss und die Vertreibung aus 
dem Paradies. Aus der s. l. e. a. (bei Heinrich Quentel 
um 1480) erschienenen kölnischen Bibel. Muther, Bücher- 
illustration, Nr. 383, Deutsche Bilderbibeln, Nr. 7, p. 6-13 
und die dort angeführte Literatur. Originalgrösse. 
Tafel 16. Erhard Reuwich, Zeichner für den Form- 
schnitt in Mainz. Sarazenen und indische Priester. Zwei Blätter 
aus Bernhard von Breitenbachs rReise nach dem heiligen 
Lande, Mainz, Erhard Reuwich oder Peter Schöffer 1486. 
Tafel 17 8: 18. illfichel Wohlgemzitla, David und Abi- 
gail, Figur 83 aus dem nSchatzbehalter oder Schrein der 
wahren Reichthümer des Heils und ewiger Seligkeite. 
Nürnberg, Anton Koburger 1491. Originalgrösse. 
Tafel 19. Zeichner der niederdeutschen Bibel "von 1494. 
Ein Blatt aus der in Lübeck bei Stephan Arndes 1494 er- 
schienenen lübeckischen Bibel. Originalgrösse. 
Tafel 20. Ludwig Hohenwtzng, Buchdrucker und Form- 
schneider in Augsburg. Ein Blatt aus Jacob Winipfelings 
Schrift ade fide concubinarumcc, Augsburg, Hohenwang I 501. 
Vgl. A. F. Butsch, rLudwig Hohenwang, kein Ulmer, sondern 
ein Augsburger Buchdruckerx: München 1 8 8 5. Originalgrösse. 
Tafel 21. Zeichner der Grüningerivehen Ofßcin in 
Strassburg. Die Fama. Aus der von Sebastian Brant be- 
sorgten Ausgabe des Virgil. Strassburg, Johann Grün- 
inger 1502. Originalgrösse. 
Tafel 22 8x 23. Anonymer italienischer. Meister aus 
der Zeit kurr vor 1500. Die Madonna mit dem Christ- 
kind und dem kleinen Johannes. Lippmann (Der italienische 
Holzschnitt im 15. Jahrhundert, Jahrbücher der preussischen 
Kunstsammlungen 3, p. 180) findet, dass das Blatt trotz 
seiner Ausführung in reiner Konturmanier wvon unzweifel- 
haft florentinischer Herkunft zu sein scheine und dass die 
etwas unbestimmte Stilistik und die weichliche Empfind- 
ungsweise der Zeichnung einigermassen an die Manier des 
Raffaellino del Garbo erinneree. Mir scheint der Stil eher 
auf Ferrara hinzuweisen. Original (h. 371, br. 252 mm) 
in der Kunsthalle zu Hamburg. 
Tafel 24 8c 25. Meister  B. mit dem Vogel; der 
heil. Hieronymus in der Landschaft. Das auf einer Reihe 
von Kupferstichen und Holzschnitten vorkommende Mono- 
gramm J. B. mit dem Vogel wird bekanntlich von Zani 
ohne weitem Beweis auf Giovanni Battista del Porto, 
einen angeblich modenesischen Kupferstecher vom Schlusse 
des 15. Jahrhunderts gedeutet. In Anbetracht der grossen 
technischen und stilistischen Verschiedenheiten, welche 
sowohl die 14 Kupferstiche wie die 8 Holzschnitte 
(einen Katalog derselben gab Galichon in der Gazette des 
Beaux-Arts IV, p. 265. Vergl. ausserdem Bartsch XIII, 
p. 224 H. Passavant V, p. 149) aufweisen, wird man 
wohl Lippmann (Der italienische Holzschnitt etc. V, p. 326) 
beistimmen müssen, welcher glaubt, dass man diese Blätter 
vkaum alle als von derselben Hand herstammend, als 
Werke eines Künstlers betrachten kannc, sondern dass 
adas Monogramm J. B. mit dem Vogel eine Xylographen- 
und Stecherbottega bezeichnet, welche sich immerhin in 
Modena befunden und deren Meister Giovanni Battista del 
Porto geheissen haben mage. Sollte Zani's Hinweis auf 
Modena willkürlich sein, so würde man wohl am ehesten 
an Mailand zu denken haben. Von den 8 Holzschnitten 
ist der hier reproducirte heilige Hieronymus in der Land- 
schaft (Bartsch 1, Galichon 3) der vorzüglichste. Das 
Blatt zeigt die sorgfältige feine Behandlungsart der letzten 
Epoche des Quattrocento, mit scharf accentuirter Zeichnung 
und einfachen gradlinig laufenden Strichlagen. Durch die 
übermässige Magerkeit des Heiligen und den Reichthum 
der Umgebung erinnert es einigermassen an den denselben 
Gegenstand darstellenden Kupferstich des Bartolommeo 
Montagna. Das zweite Zeichen, welches neben der Marke 
J. B. steht und wohl eine Combination von A. und M. 
sein dürfte, findet sich ausserdem nur noch einmal im 
Werke des J. B., nämlich auf den Drei Grazien (Gali- 
chon 6). _Original in der Kunsthalle zu Hamburg. 
Originalgrösse. 
Tafel 26. Frannisischer Monogramm-irl A T. Aus 
Antoine Verards, aMer des Histoiresß Lyon, Jean Dupre 
1486. Vgl. Georges Duplessis, I-Iistoire de la gravure, 
Paris 1880, p. 327. In Frankreich fand der Holzschnitt 
im 18. Jahrhundert verhiiltnissmässig geringe Pflege. Die 
ältesten Illustrationen französischer Bücher, wie des Fiera- 
bras von 1480 und des Belial von 1484, sind weder 
Kunstwerke noch specifisch französische Arbeiten. Von' 
künstlerischem Interesse sind erst diejenigen in dem 1485 
von dem thätigen Buchhändler Antoine Verard veröffent- 
lichten Todtentanz und in Verards aMer des I-Iistoiresz, 
einem geschichtlichen Werke, das 1486 und später noch 
einmal 1491 durch Jean Dupre in Lyon gedruckt wurde. 
Der Zeichner der letzteren hat sich auf mehreren Blättern 
A T genannt. Die hier reproducirte Darstellung stellt 
auf der einen Seite eine Taufe, auf der anderen eine 
Schlacht des Königs Chlodwig dar. Die Reproduction 
ist nach dem im Besitze des Herrn W. L. Schreiber in 
Franzensberg bei Werder (Reg-Bez. Potsdam) befindlichen 
Original hergestellt. H. 235 mm, br. 199 mm. 
Tafel 27 8: 28. 'Der Engel der Verkündigung. Vor 
einem reichverzierten offenen Gemach kniet der Engel 
in weitem faltigen Gewande, um das Haupt einen drei- 
fachen Nimbus, die linke Hand zum Segnen erhoben, 
in der Rechten das Kreuz. Zur Seite Ornamente. Weiss 
auf schwarz und schwarz auf weissem Grunde. Italienische 
(wohl Florentiner) Arbeit um 1480. Original h. 212, 
br. 238 mm, im Besitz des Antiquars Rosenthal in 
München. 
Tafel 29. S. Gregorius Magnus auf dem Throne. 
Titelblatt aus: S. Gregorius Magnus, Morali vulgari in 
lingna thoscana. Firenze, Nicholo di Lorenzo della Magna 
1486. 2 Bde. Hain 7935. Nach dem im Besitz des 
Antiquars Rosenthal in München befindlichen Exemplar. 
Originalgrösse. 
Tafel 30. Die Madonna von Heiligen und Engeln 
umgeben. Titelblatt- aus den vEpistolae Sancti Hieronymi, 
impresse in Venezia" l'anno 1496 per Joannem Rubeum 
Vercellenserna. Original h. 250, br. 175 mm in der 
St. Marcusbibliothek in Venedig. 
Tafel 31. Jnonymer Florentinischer Meister des 1 3. jahr- 
hunderts. Allegorie auf die Vergänglichkeit des Lebens, 
Ein Kind auf blumigem Rasen neben einem grünenden 
Baume liegend, stützt sich mit dem Ellbogen auf einen 
Todtenkopf; daneben ein dürrer Baumstumpf mit einer 
Sanduhr; darüber ein fliegender Streifen mit der Inschrift: 
nUhora passaa. Das Blatt ist sehr bezeichnend für die 
altfiorentinische Holzschnitttechnik, die sich durch eine 
gewisse Anlehnung an den damals in Florenz so eifrig 
betriebenen Kupferstich kennzeichnet. Von der Zeichnung 
sind fast nur die Umrisse gegeben und in festem Schnitt 
ausgeführt, die Schatten dagegen sehr dunkel gehalten 
und durch eine weitgehende Anwendung stehen gelassener, 
imßDrucke schwarz wirkender Flächen des Holzstockes 
erzielt. In diese Schattenpartien sind dann, fast nach Art 
der Schrotblätter, Einzelheiten des Terrains und der Gründe 
weiss eingeschnitten, und durch diese Verwendung von 
schwarzen Massen und weisseingeschnittenen Lichtern er- 
zielte der I-Iolschneider eine Wirkung, wie sie sich ähn- 
lich nur bei denNiellen der Florentinischen Goldschmiede 
findet. Vgl. Delaborde, La gravure en Italic, p. 203. 
Original im Pariser Kupferstichkabinet. Originalgrösse.
	        
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