Volltext: Tizian (Bd. 2)

XIV. 
ALTARBILD 
FÜR 
ROGANZUOLO. 
455 
1546 verständigte sich Tizian mit der Gemeinde von Oastel R0- 
ganzuolo zu achtjährigen Ratenzahlungen, wobei die Schuldner 
noch die Lieferung der Steine und der Arbeit zum Bau eines 
Häuschens übernahmen, welches Tizian sich in der Nachbarschaft 
bei Manza herrichten wollte. Voll Entzücken schildert Gilbert 
diese ländliche Oertlichkeit. „Man erwartet nicht eben viel, wenn 
nran von Ceneda sich dem am lilusse eines kahlen Hügels zer- 
streuten Dorfe nähert, über welchem die einsame kleine Kirche 
und nahebei der Wartthurm steht. Aber welch' ein Blick bietet 
sich 
VOll 
da 
oben! 
Unter 
dem 
Baldaehin 
abziehender 
Gewitter- 
wolken ragten die Julischen Alpen in bleicher Majestät und eine 
Fluth goldenen Lichtes ergoss sich über die Ebene, die sich nach 
Osten, Westen und Süden endl0s- ausdehnt, ein Meer von Grün, 
dessen farbiger Endsaurn die Adria wirklich ist; wie zahllose 
Schiffe erscheinen die leuchtenden, überall verstreuten Campanilen, 
der fernste von ihnen der Markusthurm.""' Gilbert klagt dann 
freilich, ein Blick auf das Altarbild im Innern der Kirche lehre 
sofort, dass die Spuren von Tizian's Hand fast ganz durch grobe 
Uebermalung vertilgt und überhaupt nur wenig Ueberreste er- 
halten seien. Die Wahrheit ist: die Gemeinde von Roganzuolo Roganzuolo. 
bestellte 1544 jenes Bild bei Tizian und erhielt 1575 eine Kirchen- 
fahne von dessen Sohne Orazio. Es ist nicht unwahrscheinlich, 
dass das erstere anderweit verwendet oder verloren und letztere 
an seinen Platz gesetzt ist. Ora.zio's Vertrag bestimmte, dass links 
und rechts auf der Fahne Petrus und Paulus gemalt werden sollten, 
und diese Beiden finden wir auch wirklich als Flügelstücke auf 
dem dortigen Altargemälde vor. Sie sind in Orazio's bekannter 
Manier behandelt, während das Mittelbild, Maria mit dem Kinde, 
eine geringe Arbeit etwa des Fiumicelli oder des Peccanisio von 
Treviso ist. 42 
" s. Josuah Gilbert's Cadore S. 29-31. 
42 Das Urkundliche über die Beziehungen Tizians und Omzids zu Castel 
Roganzuolo geben wir im Anliang unter N0. LXV., LXVI. und LXVIII. Die 
Leinwandbilder mit lebensgrossen Figuren sind in stattlichen architektonischen Gold- 
Schrein mit drei Rundgiebeln eingesetzt. Rechts steht Petrus mit den Schlüsseln in 
der Hand lesend, links Paulus ein Buch in der Linken und mit dem Schwert nach 
unten deutend. Maria steht neben einem verzierten Postamentc, auf welches sie
	        
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