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TIZIAN
UND
DIE
FARNESEN.
CAP.
XIV.
oder dermaassen entstellt, dass man eine bestimmte Meinung nicht
aussprechen kann. Dergleichen finden sich in der weiland Samm-
lung Northwick, im Pitti, in der Galerie Spada in Rom, im Wiener
Belvedere, im Museum zu Turin und auf Schloss Alnwick."
Einträglieheren Arbeiten konnte sich Tizian erst nach seiner
Heimkehr wieder zuwenden. War auch bei Aufträgen von Kauf-
leuten und kleinen Herren nicht so viel Ehre einzulegen als römi-
schen Prälaten gegenüber, so stand doch der Vortheil im umge-
kehrten Verhältniss zur Anerkennung. Das bestätigen mehrere nun
folgende Werke. Im Frühjahr 1529 hatte König Ferdinand von
Böhmen einen Bürger von Brüssel, Martin van der Hanna, dessen
Säckel der Sache Karls des V. gute Dienste geleistet, in den
Alter und durch alte Firnissc etwas ausgeblieben, auch fehlt es stellenweise nicht
an Retouchcn, so am Hals und an der linken Hand, ausserdem ist rechts ein Stück
Leinwand angesetzt.
27 Das Bild in Northwick (N0. S7 0 des Katalogs, beim Verkauf der Samm-
lung veräussert) entsprach dem baarhäuptigen Original in Neapel, war aber so stark
über-malt, dass sich schwer entscheiden liess, ob es von Tizian selbst oder von einem
Schüler herrührte. 7- Dic Copie in der Galerie Pitti in Florenz (N0. 297),
dem Paris Bordone zugeschrieben, ist ebenfalls Nachbildung des neapolitanischen
Exemplares von einem Maler des XVII. Jahrhunderts. Das der Galerie Spada
in Rom ist nicht venezianisch, sondern von einem Maler der ausservenezianischen
Schulen Italiens aus dem XVIII. Jahrhundert. -Die Copie im Museum zu Turin
N0. 129, ehemals als echter Tizian verzeichnet, jetzt in die "Schule" des Meisters
verwiesen, gehört der Manier nach einem späteren Schüler der letzten Bassani an.
Treuer ist die kleine, nur halb lebensgrosse Nachahmung der Sammlung N or-
thumberland auf Schloss Alnwick (Holz), welche ehemals den Sammlungen
Cammuccini und Altieri in Rom angehört hat. Andere Spielarten sind: das
Kniestuck N0. 24 im Museum zu Neapel, wo die rechte Hand des Papstes ge-
schlossen auf einem Papier liegt und rechts durchs Fenster Landschaft sichtbar ist
(Leinwand). Es scheint zu den parmesanischen Erbstucken gehört zu haben, da es
im dortigen Inventar des Jahres 1680 als Original Tizian's aufgeführt ist. Es hat
sehr gelitten, allein nach dem Bruchstücke der linken auf der Stuhllehne liegenden
Hand zu urtheilen, welche unberührt ist, mag es in der That vom Meister selbst
herrühren. Das Exemplar im Belvedere zu Wien (I. Stock, II. Saal No.45)
stellt den Papst sitzend dar, die Rechte auf die Lehne des Sessels gelegt, die Linke
auf dem Knie, die Purpurkappe auf dem Kopf. Das Bild gehört einem Venezianer
des ausgehenden XVI. Jahrhunderts an. (Photographie von Miethke und Wawra.)
Unter den obigen Copieen haben wir vermuthlich die im farnesischen Inventar
(CilmPOTi, Cat. S. 294) erwähnte von der Hand des Gatti (Soiaro) zu suchen.