CAP.
E
RANUCEB
FARN ESE.
in Rom von Claudio Tolomei gegründeten "Aceademia della Virtu"
angehörte. Bembo und Qnirini waren es Vermuthlieh gemeinsam,
die den jungen Prälaten auf Tizian hinwiesen, der auf diese
Weise die folgenreiehe Bekanntschaft des" Farnesdschen Hauses
machte.
Ranuccids Bildniss erregte umso grösseres Aufsehen, als
der junge „Pri0r" nicht Zeit gehabt hatte, dem Meister öftere
oder andauernde Sitzungen zu gewähren? Da weder in Gemalde-.
Verzeichnissen aus Parma noch aus Neapel eine Spur dieses ver-
schollenen Bildes aufgetaucht ist, liegt die Befürchtung nahe, dass
es frühzeitig verschleudert worden; allein ehe wir es gänzlich,
aufgeben, drängt sich uns eine Vermuthung auf. Möglicherweise
besitzen wir das Porträt in dem sogenannten "Jungen Jesuiten"
im Belvedere zu Wien. Dieses fragwürdige Bild stellt einen Jüng- Wien.
lings-Knaben in dunklem Seidenanzuge dar, der die eine Hand auf Belvedem
der Brust, in der andern die Handschuhe und ein Bündel Pfeile
hält. Das Antlitz ist emporgerichtet, die Augen gegen den Him-
mel, sodass der Eindruck einer unreifen Verzückung entsteht,
die aus dem Bilde, wie es da ist, kaum erklärt werden kann.
Bei näherer Prüfung wird deutlich, dass mit Ausnahme einiger
Partien an Ohr und Wange fast nichts mehr von Tizian's Malerei
besteht. An der linken Seite ist ein grosser Streifen Leinwand an-
gestückt und die Hand mit den Pfeilen sieht aus wie ganz neues
Machwerk. Berechnete Geschäftigkeit hat, wie es scheint, der
ganzen Darstellung einen andern Sinn untergeschoben. Indess
glücklicher Weise ist uns der Schlüssel zu dem Geheimnisse er-
halten. Wir begegnen nämlich dem sogenannten „ jungen Jesuiten "
von Wien ohne die mysteriösen Pfeile im Berliner Museum Wieder. Berlin,
Dort steht er vor einem Tisch, auf dem ein offenes Buch liegt, Museum
und der seltsame Aufblick erklärt sich durch die Anwesenheit
eines bärtigen Mannes,
Hand nach oben weist,
Welcher mit dem Zeigefinger der
indem er den Knaben anrührtß
rechten
2 s. Ronchini, Relazioni a. a. O. S. 2.
3 Berlin, Museum No. 170, Leinw. h. 0.88, br. 1,06, Halbüguren, ehemals in
der Sammlung Solly, dem Bernardino Pordenone zugeschrieben und stark übermalt.