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TlZlAN'S HEIMWESEN. CAP.
XIII.
sovino widmete ihm seine Uebersetzung des Berosus" und wir
wissen ferner, dass er im Namen der Katharina Medici mit
Michelangelo wegen eines Reiterstandbiltles Heinrichs des II.
Florenz von Frankreich unterhandelt hat. 5'. Als er seine Tochter von Ti-
PaLStrozzi. . .
zian malen liess, war sie noch ein Kind, ihr Bild aber gehört zu
den jugendfrischesten Erzeugnissen, die je eines Malers Pinsel
geschaffen, auch Rubens und van Dyck nicht ausgenommen. Die
Kleine ist etwa 10 Jahr alt. Sie steht neben einem Postament,
Worauf ihr Hündchen sitzt, dessen Weiches Fell sie mit der einen
Hand streichelt, während die andere ein Stück Kuchen halt, an
dem Beide genascht haben. Als Wären sie plötzlich unterbrochen
worden, wenden die beiden Gespiclen den Kopf und gucken mit
einer dem Leben vollendet abgelauschten Augcnblicksgeberdc
geradeswegs aus dem Bilde. Das Mädchen ist reizend in ihrem
bausbackenen, von dichten rothbraunen Locken umflossenen Ge-
sichtchen und (lrallen Armen, angethan mit all' dem Pomp,
welcher der Erbin eines solchen Hauses ziemte: Rock und Schürz-
chen von weisser Seide mit Juwelen-besetztem Gürtel, an welchem
eine ebenfalls von Edelsteinen erglänzende Troddel hängt, und
um den Hals ein Perlgeschrneide. Das schmucke Püppchen tritt
als silbergraue Lichtgestalt von dem braunrothen Tone des Zim-
mers und dem Fensterflügel los, durch welchen man auf freund-
liche Landschaft blickt: einen Teich mit Schwänen, ein Gewoge
von Hügeln, hinter welchen ferne Berge aufsteigen und heller
Himmel mit einzelnen Wolken. Das Postament, woran sie lehnt,
ist vorn mit zwei tanzenden Amorettenfiguren geschmückt und
der braune Holzton wird durch einen rothen Damastvorhang
noch wirkungsvoller gemacht. 5" Man sieht, Tizian hatte Musse,
57 s. Cicognara, Iscriz.Ven. IV. S. 39. Sansovino erhielt als Gegengabe einen
goldenen Becher, den er seiner Wittwe vermachte.
5" vgl. den Brief der Katharina an Guidueei vom Oktober 1560 bei Gaye,
Cm. m. s. 40.
59 Florenz, Palazzo Strozzi, Leinwand, Figur lebensgross; auf Täfelchen hoch
oben an der Wand links bezeichnet „ANNOR X. MDXLII" und an dem Postament
"TITIANVS F." Alter Firniss bedeckt das Bild zum Theil und stört seine Wir-
kung. Uebermalungen finden sich an der Stirn des Kindes und auch anderwärts,
obgleich die Erhaltung im Ganzen gut ist. Am Beginn unseres Jahrhunderts war das