Volltext: Tizian (Bd. 2)

IQ 
TIZIAN'S YEBLNANDTE. 
CAP 
XXII. 
Venedig, lichkeit den Vergleich mit Tizian ausl" In Wahrheit sind dieselben 
S-Sßlvßdort-mit mehr Geist und Freiheit der Hand ausgeführt, als irgend andere 
Werke Francescds, aber es darf nicht verkannt werden, dass sie der 
höheren Eigenschaften entbehren; die Figuren haben angespannte 
Bewegung und übermässige Muskulatur. Die Vorzüge, welche Boschini 
rühmt, sind wohl zum guten Theil dem Umstande zuzuschreiben, dass 
Franeesco damals unter den Augen des Bruders arbeitete." Wenigstens 
hat er nach seinem Weggange aus Venedig nie wieder Aehnliches zu 
Stande gebracht. Wir zählen die von ihm bekannt gewordenen Ar- 
beiten in Folgendem auf: 
Fonzaso bei Belluno, Casa Ponfe: Geburt Christi (Leinwand, Figuren 
unter Lebensgrösse). Das Jesuskitld liegt inmitten auf dem Kissen, verehrt 
von Maria rechts, zwei Schäfern links und Joseph im Hintergrunde; rechts in 
einem Verschlag Ochs und Esel, in der Ferne Landschaft; oberhalb 3 Engel, 
welche das "Gloria" singen. Nur wenige Stellen sind unberührt geblieben. 
Ticozzi, Vec. etc. S. 7 3-7 5 schreibt das Bild dem Tizian zu, aber Florio Miari 
(s. dessen Dizionario Bellunese 1843, S. 143) erklärt es für ein ursprünglich für 
die im Jahre 1806 aufgehobene Kirche S. Giuseppe in Belluno gemaltes Werk 
Francescds, was auch durch Urkunden bestätigt wird, welche Doglioni auf- 
gefunden hat (vgl. LanzPs Storia in Roscosfs Uebersetzung, Bohn's Ausgabe, 
1847, II. 167). Heute kann darüber nur gesagt werden, dass es eine tizianeske 
Arbeit ist. In der Casa Payani in Bolluno befindet sich eine kleine Copie, 
angeblich die Originalskizze, welche ebenso übermalt ist wie das grosse Bild. 
Berlin, Galerie N0. 173.- Maria. mit dem Kinde in einer Kirche thronend, 
zur Seite Petrus und Hieronymus, auf der Thronstufe zwei Engel mit Violine 
und Tamburin (Holz, oben rund, Figuren lebensgross), ehemals in S. Croce 
zu Belluno (Doglioni, Notizie di Belluno, Belluno 1816, S. 36, Miari, 
Dizionario S. 141 und Cadoriia, dello amore etc. S. G1); von Solly gekauft. 
Bemerkenswerth ist der gedrungene WVuchs und die Derbheit der Figuren. 
Die Behandlung ist tizianisch, aber nicht sehr gut, sodass man vielleicht ver- 
muthen darf, Franeesco sei hier durch einen bellunesischen Maler, etwa. den 
Franceseo degli Stefani, unterstützt worden. Uebermalilngsschäden zeigt das 
Bild vielfzzch, besonders die Figur des Petrus; die Carnation ist eintönig und 
sticht ins Rothe, Zeichnung und I-lelldunkel mangelhaft. 
_ w Bosehini, R. Min., Vorwort. 
U Die Stücke sind auf Leinwand gemalt. Das beste danon ist das mit dem 
heiligen Theodor, welcher mit der Lanze in der Hand neben dem Krokodil vor 
einem Tempel steht, in den Lüften schwebt mit der Palme in der Hand ein Engel 
von tizianischem Gepräge, aber schwerer und runder. Das Gegenstück enthält den 
heiligen Augustin, welcher in dem von einem Priester gehaltenen Buche liest, da.- 
hinter zwei knieende Geistliche. Auch hier zeigt sich Tizian's Behundlungsweise, 
doch ist das Bild stark ühermalt. Himmelfahrt und Auferstehung sind schlechter 
erhalten, und hier sind Derbheit und Unfeinheit der Figuren noch auffälliger 
als anderwärts. Soweit man bei dem Grade von Uebermalullg, Verdustßfllllg und 
Firnissüberzug noch urtheilen kann, war die Farbe eher scharf als glänzend und 
die Schatten ausnehmend dunkel.
	        
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