CAP.
XXI.
ECHTE BILDER:
DEUTSCHLAND. 695
Sie stammen ans der Seuola di S. Giovanni Evangelista, sind schön
coloriert, von goldigem Ton und meisterhaft behandelt, etliche jedoch,
besonders die Ohernbköpfe, durch Nachpinselung verdorben, und zwei
von den Engelköpfen sind Nachahmungen von dem venezianischen
Maler Giuseppe Lorenzi. Tizianls Originale wurden an ihrem Ort er-
erwühnt. Vgl. Sansovino, Pitt. Ven. 284, Ridolfi I, 267 und Zanetti
Pitt. Ven. 171. Das Bild des Evangelisten Johannes an der Decke
war sehr ruiniert und wurde (nach Zanotto, Pinac. Ven.) an einen
Privatsammler nach Turin verkauft. Umrissstiche obiger Stücke fin-
den sich in Zanottds eben angegebenem Werke.
Deutschland.
Dresden, Galerie N0. 228: Bildniss eines Mannes mit Palm-
zw eig in der Hand (Leinwand, h. 1,38 M., br. 1,16 ursprünglich im
Besitz der Familie Marcello in Venedig, in deren Gemäldesammlung sich
nach Angabe des Anon. des Morelli S. 66 etliche Werke von Tizian
befanden. Der Dargestellte ist lang und hager und trägt kurzen dunklen
Bart, der Kopf fast kahl, nur an den Schläfen noch mit kurzem schwar-
zen Haar bedeckt; obgleich V4 nach links gewandt, blickt er nach
rechtshin und sitzt, in schwarze Seide gekleidet, an dem Tische,
auf welchem eine leere Büchse und ein Spatel liegen; durch die Oeff-
nung zur Linken blickt man auf Landschaft. Um den Kopf, nur noch
ungenau unter dem übermaltcn Grunde vorschimmernd, sieht man die
Linie eines runden Nimbus. Die ganze Bildfläche hat mehr oder
weniger durch Nachhilfen gelitten, in der Landschaft jedoch, welche
am besten erhalten ist, und an etlichen Stellen im Fleische erkennt
man Tiziaifs Hand. Die ursprüngliche Schönheit des Bildes hat
namentlich zu dem Versuche gereizt, die dargestellte Persönlichkeit
zu benamsen. Dies War durch folgende Inschrift bewerkstelligt wor-
den: „MDLXI f] INM. PETRVS ARETINVS I! IETATIS SVA (sie)
XXXXVI f] TITIANVS PIGTOR ET I] ZEQVES OIESARIS." Da die
Physiognomie augenscheinlich nicht die Aretin's und die Inschrift sicht-
lich gefälscht war, so wurde die Stelle neuerdings gereinigt und dabei
kam ein andrer Wortlaut zum Vorschein, namliclr „MDLXI {f ANNO.
I. APF. . A. NATUS f! ASTATIS SVAE XLVI [f TITIANVS PIOTOR
ET EEQVES CJESARIS." Die erste Zeile ist dunkler in der Farbe
als die zweite und dritte, deren Schriftcharalater überdies von dem der
vierten und fünften abweicht; auch lässt die ganze Beschaffenheit der
Buchstaben sehr zweifelhaft erscheinen, 0b sie aus Tizian's Zeit her-
rühren, wenn auch das Bild selbst dadurch an seinem Werth und
seiner Echtheit Nichts verliert.
Kassel, Galerie N0. 25: Bildniss eines Mannes von etwa
40 Jahren, ganze Figur in Lebensgrösse, schlank und wohl gebaut,
glatt gesehoren und mit kurzem schwarzen Bart, der sich mit der Fräse
des Hemdkragens mischt. Er trägt den herzoglichen Federhut, roth-