Volltext: Tizian (Bd. 2)

CAP. 
XX. GEMÄLDE FÜR BRESCIA. 
 
LGQ 
Erfolg. Die Deputierten blieben fest und. Tizian bequemte sich 
endlich, die 1000 Dukaten als Ersatz für seine Auslagen und seine 
Mühe anzunehmen!" 
Die Brescianischen Allegorien wurden am 18. Januar 1575 
durch Brand zerstörtgß, zwei Jahre darauf hatte der Saal des Grossen 
Rathes in Venedig dasselbe Schicksal. Ein Stich von Oort zeigt 
noch die Schmiede des Vulkan, zwei Cyklopen, die mit ihren 
Hämmern ein Kanonenrohr bearbeiten. Nach dieser Abbildung zu 
schliessen müssen die Figuren mit merkwürdiger Kühnheit und 
sorgfältiger Beobachtung der waagerechten Lage des Bildes ge- 
zeichnet gewesen sein. Selbstverständlich konnte ein Mann von 
Tizian's Alter solche Riesenflächen, von denen jede hundert Qua- 
drat-Ellen maass", ohne Hilfe seiner Schüler nicht ausgeführt 
haben; insofern hatten die weisen Stadtverordneten von Brescia 
ganz recht. Seit Jahren waren Orazio und Girolamo oder Marco 
Vecelli und Schiavone die Hauptstützen der Werkstatt in Canziano. 
S0 lange Tizian den von ihnen vorbereiteten und untermalten 
Grund eigenhändig überarbeitete, konnten die Bilder immer noch 
als sein Werk gelten; wenn er aber, wie es zuweilen vorkam, 
auch dies verabsäumte, so waren Klagen der Empfänger in der 
Ordnung. An dem Bilde „ Christus mit dem Zöllner" z. B. welches 
König Philipp erhielt, hat er, wofern das uns bewahrte Gemälde 
mit jenem identisch ist, keinen Strich gemacht. 
Die Abnahme der Kräfte und Fähigkeiten begann dem Meister 
damals doch fühlbar zu werden. In seinem letzten Briefe an den 
König hatte er sich nicht anheischig zu machen gewagt, eine 
längere Reihe von Darstellungen zur Laurentius-Legcnde ohne 
namhafte Hilfe zu malen. Viele seiner privaten Anordnungen 
deuten überdies an, wie wenig er sich das herannahende Ende 
verhehlte. Der einzige Fehler, den er in seiner Berechnung be- 
ging, war die Annahme, sein Lieblingssohn werde ihn überleben 
27 s. die Urkunden bei Zamboni a. a. 0. App. IV. S. 132 ff. und vgl. 
Brief Tizimfs an Bollani, Venedig 3. Juni 1569, ebenda App. V. N0. 4, S. 
sowie den Text bei Zamboni S. 80.  
23 s. Brognolfs Guida di Brescia S. 58. 
29 Jedes Bild war 10 Braccia lang, s. Vasari XI. 269. 
den 
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