CAP. XIX. VERSCHIEDENE ALLEGORIEN. 651
über welche schon Vasari keine Erklärung gibt, bleibt auch uns Rom,
dunkel, so oft man auch das im Palast Doria in Rom befind-GHL Dom
liche unfertige Bild betrachten mag: Eine Göttin oder ein Genius
mit rothem Banner in der Linken und einem sechseckigen Schild
in der Rechten steht stolz an der Seeküste; neben ihr erscheint
ein Mädchen, das ein blosses Schwert trägt; zu ihren Füssen
liegen die Embleme des Krieges, Fahne, Helm, Brustschienen
und Pfeile; rechts vor ihr steht an einem Baumstumpfe, um den
sich sieben Schlangen ringeln, eine nackte Frauengestalt in ge-
beugter Stellung, am Fusse des Stammes liegt ein zerbrochener
Stein, die Hostie und ein umgestürzter Kelch. In der Ferne führt
ein Gott seinen Wagen durch das Wasserf"
Wir verzichten auf die kopfzerbrecherische Arbeit der Deu-
tung und begnügen uns die Behandlungsweise zu betrachten.
Leider sind die skizzenhaften Formen augenscheinlich von Schü-
lern angelegt, denn obwohl unvollendet offenbaren sie wenig,
wenn überhaupt etwas von der Grossartigkeit der Bildung, der
Züge und des Lineaments und nichts von der Gewandtheit, wo-
durch sich der Meister in seiner mittleren Periode auszeichnete.
Die nackte Frauengestalt, welche noch am meisten an Tizian
erinnert, ist mit einer skizzenhaften Gewandung von modernem
Ansehen bekleidet, das Ganze ist ebenso unbefriedigend in der
Erfindung wie in der Ausführung.
Tizian lieferte freilich unbekannt zu welcher Zeit noch Mama,
eine ähnliche Composition, die in das Escurial kam und von Museunt
dort ihren Weg in das Madridel" Museum fand. Auf diesem Bilde
folgt eine Schaar weiblicher Kämpfer (die Tugenden) einer Heroine
mit dem Banner. Ihr Schild trägt das Wappen Spaniens und
sie eilt einer gedemüthigten Frauengestalt zu Hilfe, welche von
Schlangen bedroht, vermuthlich ein dem Ketzerthum oder der
Barbarei anheimgefallenes Land vorstellt. Der Wagen in der
Ferne wird von einem Türken gefahren und von den Christen
ß" Zu Füssen der sich neigenden nackten Figur steht „D. TITIANO". Der
Katalog sagt irrthümlich, der Schild trage das Wappen der Doria; er ist ganz leer.
Aussendem Gewande jener Figur sind auch noch andere Stellen durch Ueber-
malung angegriifen.
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