CAP.
XIX. ARBEITEN DES JAHRES 1565. 643
Dukaten erlitt. Ich bitte daher, Ew. Majestät wolle mich durch
geeignete Maassregeln für den Verlust zu entschädigen geruhen,
damit ich, der ich kein anderes Salär habe, im Stande sei, im
Dienste Ew. Majestät mit der kleinen Summe zu leben, welche
„Ew. Majestät Sir" der Kaiser glorreichen Andenkens und
Ew. Majestät selbst mir gewährt haben. Ich werde die Wirkung
der unendlichen Güte meines gnädigsten Königs abwarten und
inzwischen mit dem Bilde des Beato Lorenzo beginnen, das, wie
ich glaube, zur Zufriedenheit Ew. Majestät ausfallen wird u. s. w.
Venedig, den 28. Juli 1565.
Tiziano Vecelliofma
Wie das Laurentius-Bild, so waren laut der im August mit
den Breseianischen Agenten geführten Oorrespondenz auch die
Gemälde für das dortige Stadthaus noch im Entstehen. Die
Herren in Brescia brauchten 6 Monate, um das Programm fest-
zustellen; denn erst am 20. August zeigte Tizian den Empfang
desselben an. Im September reiste er nach Cadore, wo er den
Herbst über blieb, und dort fasste er den Plan zur malerischen
und musivischen Aussehmückung der Kirche zu Pieve. Diese ist
dann wie man annimmt nach seinen Zeichnungen von Schülern
ausgeführt werden, deren etliche, wie Valerio Zueeato, Cesare
Vecelli und Emanuel von Augsburg den Meister damals begleitet
hatten. M Nach seiner Heimkehr knüpfte er dann brieflich den
Verkehr mit dem alten Freunde und Beschützer Beceadelli Wieder
an, den er als Bischof von Ravello anredetßs
Mit weleherlei Arbeiten Tizian in der Zwischenzeit laesehäf-
tigt gewesen ist, darüber haben wir keine ausdrücklichen Berichte.
Andeutungen aber lassen vermuthen, dass er wenigstens zwei Ge-
mälde vollendete die „Verklätrung" und die „ Verkündigung"
beide in der Kirche S. Salvadore zu Venedig; ausserdem scheinen
auch die Figur des „Sant' Jago di Compostella" für San Lio und
63 s. den Brief vom 28. Juli im Anhang N0. OXX.
64 Die obengenannten Maler erscheinen als Zeugen auf der Ernennung des
Fausto Vecelli zum Notar, Urkunde vom 1. Oktober 1565 bei Tioozzi, Vecelli S. 238.
65 s. den Brief in H. Grimnfs Künstler und Kunstwerke, Berlin 1867, II.
S. 165 f.