Volltext: Tizian (Bd. 2)

CAD. 
XIX. 
ggmcl-rr ÜBER TIZIAN 
IM JAHRE 1564. 
637 
we1'de ich das als die wahre Ursache dafür ansehen, aber doch 
versuchen, es zu erlangen und ihn drängen, den „St. Laurentius" 
anzufangen. Denn obgleich er alt ist, arbeitet er und kann immer 
arbeiten, und käme nur das Geld pünktlich, so könnten wir mehr 
von ihm bekommen, als man bei seinen Jahren sonst erwarten 
dürfte; ist er doch lediglich des Gelderwerbs halber nach 
Brescia gereist, um sich die Oertliehkeit anzusehen, wo ge- 
wisse soeben bei ihm bestellte Bilder ihren Platz finden sollen. 
Ew. Excellcnz wollen Seine Majestät bitten, die Angelegenheit 
mit Tizian, über welche so viel hin und her geschrieben ist, 
zu ordnen, denn ich fürchte, es geschieht nur dann, und da 
Ew. Exeellenz gern einige kleine Sachen von des Meisters Hand 
haben möchten, so wäre dies eine schiekliche und leichte Gelegen- 
heit, sie zu bekommen. In einem Kloster hierselbst befindet sich 
ein Bild des heiligen Laurentius, das Tizian vor vielen Jahren 
gemalt und welches die Grösse und den Stil hat, wie Sie in 
Ihrem Briefe angeben. Die Brüder haben mir gesagt, sie würden 
es für zweihundert Scudi verkaufen und für fünfzig Scudi könnte 
es von Geronimo Tiziano copiert werden. Es ist dies ein Ver- 
wandter oder Schüler Tizian's, der schon über dreissig Jahre im 
Hause des Meisters lebt und als der Nächstbeste nach ihm be- 
trachtet wird, obgleich er ihn nicht erreicht. Wenn Seiner Majestät 
das eine oder andere dieser Bilder gefiele, so würden sie viel 
schneller zu haben sein. Ich bitte Ew. Exeellenz, mir darüber 
Ihren Rath zu ertheilen.  Die Hälfte der Ebenholz-Bilder ist 
fertig und das Uebrige wird auch bald vollendet werden    
Die drei Lampen stehen gleichfalls bereit  .   Ich bin mit 
meinem Arzt und zwei Apothekern ausgegangen und habe mich 
nach Rhabarber umgesehen, es ist -aber in ganz Venedig kein 
Quentehen nach Probe aufzutreiben; sollte noch welcher ausfindig 
gemacht werden, so schicke ich ihn mit Gegenwärtigem, wenn 
nicht, so sende ich vom besten, den es gibt, in Erwartung, dass 
der erste Artikel aus der Levante ankommt. Aber dies Alles 
erfordert Geld und ich habe keins  . . . und wenn Seine Majestät 
nicht befehlen, dass hier und dort die Händler bezahlt werden, 
so weiss ich nicht, was ich thun soll.
	        
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