E
TIZIAN
UND
PORDENONE.
CAP.
XII.
England, Dieses Porträt, jetzt in Castle Howard, gehört zu den aller-
Hcofäljf, besten von Tizian's Hand: Cornaro steht in Lebensgrösse bis zu
den Hüften sichtbar am Fenster. Den Kopf, der (lreiviertel nach
rechts gewandt ist, hebt er in lebhafter und natürlicher Weise,
die männlich-schöne sonnengebraunte Physiognomie ist von kur-
zem kastanienbraunen Haar und wohlgepilegtem Bart von gleicher
iFarbe umrahmt; auf der beschuhten Linken sitzt ein Falke ohne
Haube; Cornaro greift nach der Brust des Vogels, der an seinen
Finger gefesselt ist und betrachtet ihn, als wollte er ihn beizen
lassen. Um die Hüfte trägt er ein Schwert mit carnioisinrother
Schärpe; ein Pelzkragen fallt über den braunen Jagdrock und
ein grosser weiss und braun gedeckter Jagdhund schaut über die
Brustwehr. Fast nirgends sieht man die Spur des Pinselstrichs
an diesem wunderschönen Werke, das an Reichthum des Tones
und Schmelz der Modellierung seines Gleichen sucht?
Der Ueberlieferung nach hatte ein anderer Feldherr des Ca-
doriner Krieges den Vorzug gehabt, von Tizian gemalt zu werden,
und Girolamo Savorgna-no verdiente diese Auszeichnung wohl,
zum mindesten um der bedeutenden Rolle willen, die er in der
venezianischen Diplomatie und im Felde gespielt hat. Allein das
sogenannte "Savorgnanw-Porträt der Sammlung Banke's kann
schwerlich jenen Girolamo darstellen, der am 30. März 1529 in
Friaul starb, wie es auch später als 1537 ausgeführt zu sein
scheint. Es zeigt einen sechszigjahrigen Mann in dunkelgrüner
Schaube mit Pelzkragen und Aermel; von der linken Schulter
fällt eine rothe Stola über die Brust, diese fasst er mit der rechten
Hand, während die linke auf dem Tische ruht und locker den
Handschuh hält. Die ganze Gestalt, in düsterer Warme von hell-
braunem Grunde abgehoben, überrascht durch würdevolle Haltung
und Energie in Geberde und Ausdruck. Das Gesicht ist offen,
25 Das schöne Bild in Oastlc Howard, auf dem braunen Hintergrund bezeichnet
"Tn-mnvs Fß, ist auf frische Leinwand übertragen, worauf die alte Inschrift der
Rückseite „Georgius Cornelius frater Catterinae Cipri et Hicrusalem Reginae" er-
neut ist. Spuren von Austüpfelung sind hier und da im Fleisch bemerklieh. Es
wurde 1811 von Skelton gestoehom- Eine Gopie desselben befand sich ehedem im
Besitz des Signor Valentino Benfatto in Venedig, s. Appendix zu Zanottds Guida
di Vcnezia. von 1863,