Volltext: Tizian (Bd. 2)

CAP. XVIII. "GRABLEGUNG" IN MADRID. 599 
den Rücken zuwendet, oder bei der Haltung der auf den Sohn 
schauenden Maria. Daneben treten Typen auf, die vereinzelt 
schon anderweit verwendet waren. Magdalena ist immer noch 
das Modell, welches auf der "Anbetung der Venus" in Madrid 
und der „Grablegung" im Louvre vorkommt; die Jungfrau ist 
nahe verwandt mit der für Karl den V. gemalten „Addolorata". 
Christus aber wird auf dem in Rede stehenden Bilde nicht zu 
Grabe getragen, sondern ist schon in die Gruft gesenkt, an deren 
Marmorwänden Basreliefs von antiker Arbeit hervortreten; er 
liegt dem Beschauer mehr mit den Füssen zugekehrt. Die 
Verkürzung ist dabei so geschickt behandelt, dass die Theile, 
welche sich vielleicht zu nahe aufdrängen würden, durch den in 
gebeugter Haltung zugreifenden Nikodemus verdeckt werden, 
während der Kopf weihevoll an Joseph's Brust ruht, der an der 
andern Seite der Gruft kniet und den Leichnam mit fester Hand 
unter der Armhöhle gefasst hält. Die Biegsamkeit des Körpers, 
die erhobenen Beine und die hängende Hand sind grossartig dar- 
gestellt; Maria hat den linken Arm des Sohnes ergriifen, den sie 
küssen will und weilt mit unendlichem Schmerzensausdruck im 
Anschauen desselben. Ebenso energisch wirkt der Kummer des 
hinter Maria stehenden Evangelisten, welcher die Hände ringt, 
sowie die Trauer Magdalenens: mit aufgelöstem Haar und flat- 
terndem gelben Gewande, unter welchem das weisse Unterkleid 
sichtbar wird, nähert sie sich, um einen letzten Blick auf den 
Erlöser zu werfen?" Das Gemälde hat nicht die Farbengluth oder 
die magische Lichtwirkung, weder die sorgfältige Umschreibung 
 
29 Madrid, Museum N0. 464, Leinwand h_. 1,37 M., br. 1,75 M. Das Bild 
hat die gleiche Geschichte wie die Diana-Compositionen, wurde jedoch nicht wie 
diese an Karl Stuart oder den Marquis von Grammont weggegeben, sondern blieb 
in Spanien, wo es Jahrhunderte hindurch die Iglesia Vieja im Eseurial schmückte, 
nachdem es zu Lebzeiten Philipp's auf dem Altar der königlichen Kapelle in Amn- 
juez aufgestellt gewesen war. Auf einem rechts am Sarkophag angebrachten Zettel 
steht „TITIANVS VECELLIVS ZEQVES CiES". Zur Hälfte tritt die Composition 
(links) von dunkler NVand los, die andere Ilülfte hat landschaftlichen Hintergrund, 
Der Mann zu Häupten Christi trägt braune Kleidung, der zu Fliesen Rom mit 
streiügem Tuch. Das weisse Laken, welches über das Relief des Grabes fallt, ver- 
ursacht etliche feine Lichtwirkungen (vgl. Madrazds Katalog). Photographien ist 
das Bild von Laurent.
	        
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