Volltext: Tizian (Bd. 2)

XVIII. 
..DIANA um: KALISTO". 595 
Von der poetischen Laune einer Jugend-Composition wie 
etwa des Bacchanals ist hier freilich keine Rede mehr. Die 
Frische und Lebhaftigkeit von damals hatte den Meister verlassen; 
der Zauber und die unerschöpflichen Reize seines Ariadne-Bildes 
sind dahin, aber an Fertigkeit in Einzelheiten zeigt namentlich 
die Kalisto Züge, Welche das Bacchanal nicht besitzt. Alles in 
Allem aber sind die Früchte der früheren Jahre süsser und 
schmelzenden Reichthum, Pracht und Geschmack haben die 
Werke des Meisters zu allen Zeiten, aber in den Bildern des 
Jünglings und Mannes liegt etwas Geheimnissvolles, Unnahhares, 
was die Vorzüge der technischen Geschicklichkeit des späteren 
Alters weit übertrifft. Vergleicht man jene Waldlandschaft von 
Naxos mit dem Gewölbe auf dem Aktäon-Bilde, so kann dies 
trotz seiner sonnigen Gelände doch nicht dagegen aufkommen, 
wie denn auch der liebestruiikene Gott, der Ariadnen sich ent- 
gegeuwirft und sein mänadisches Gefolge idealere Erscheinungen 
sind als Aktäon und die von ihm überraschten Schönen. Bei 
all' ihrer Wohlgestalt ermangeln sie des Duftes der Jugend und 
der kernigen Gesundheit, die dort so hinreissend wirkt. Die Ge- 
heimnisse des menschlichen Gliederbaues aber meisterte Tizian 
zu keiner Zeit so wie damals; er scheint in seinem Alter des 
Modelles gar nicht mehr zu bedürfen. Was ihm der Geist ein- 
gibt, führt die Hand unmittelbar aus; sein Vermögen war das 
Ergebniss der Jahre und der Erfahrung, die jeden Pinselstrich 
sicher und sprechend machten. Gleichzeitig hatten ihn die Jahre 
aber zum Realisten gemacht, die Praxis ihm Sicherheit gegeben 
und beides zusammen die Ruhe der Ueberlegenheit hervorgebracht, 
welche der stets frischen Natur nicht immer so beikommt wie 
es früher das vielleicht noch schüchterne, aber sorgfältige Stu- 
dium erreichte. Wir haben schon angedeutet, wie irrig es wäre, 
den Anschein der Leichtigkeit, den die Bildfläche bietet, für ein- 
Zeichen schnellfertigei- Arbeit zu halten. Die Composition ist in 
anmuthigen Linien aufgebaut, die Gestalten sind schön und von 
 
Cartwrighfs Bemerkungen 
genannt (s. 
des Malers nicht 
1874, S. 269). 
in 
der 
Academy. 
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