ACHTZEHNTES
CAPITEL.
Tizian
und.
PhiliPP
der
Das Jahr 1558 ist an ausdrücklichen Nachweisen über Tizia-
nische Werke arm. Ausser einer Kirchen-Standarte, die am
11. Juni für die Bruderschaft von S. Bernardino vollendet ward',
bringen die Annalen Nichts bei. Aber ein Mann von Tizian's
Arbeitskraft und Arbeitsgewöhnung wird nicht gefeiert haben.
Das Schweigen der Geschichtsschreiber kann uns nur auffordern,
dem Treiben in seinem Atelier genauer nachzuforschen.
Unter dem Getöse der Schlacht bei St. Quentin am 9. August
1557, während Egmont und Hoorn für Philipp den H. das Leben
einsetzten, das sie nachmals seiner Tyrannei opfern mussten, hatte
der König in seiner Angst dem Heiligen des Tages Laurentius
ein Kloster zu bauen gelobt. Er hielt seinen Schwur, indem er
das Escurial errichtete, dessen Grundplan zu Ehren des damaligen
Retters die Form des Rostes bekam. Aber erst im Jahre 1563,
nachdem in zahlreichen Aut0-da-fe's die Qualen des Laurentius
an Bekennern der neuen Lehre vollzogen worden waren, dachte
er daran, bei Tizian auch ein Bild des „Serior Sant' Lorencio"
für das Escurial zu bestellen? Die Darstellung dieses Marty-
riums war nicht neu in Venedig. Im Oktober 1564 berichtete
Garcia Hernandez dem Minister Antonio Perez, in einem vene-
zianischen Kloster befinde sich eine Composition des Gegenstandes
1 s. die Urkunde im Anhang No. LXXXV.
2 Philipp der II. an Garzia Hernandcz in "Venedig,
hang No. CXIV.
August
1564, s.