CAP. XVII. ARETIPVS TQD- 573
Regungen, deren er überhaupt fähig war, hatte Aretin, wie es
scheint, auf den Meister bezogen und dass er mit diesem so lange
hat leben können, ist vielleicht das beste Zeugniss, was die Ge-
schichte über ihn aufzutreiben vermag. Für uns versiegt mit
Aretin's Briefen eine der wichtigsten kunstgesehiehtlichen_Quellen
dieses Jahrhunderts.
Pola's oben erwähnter Besuch in Venedig war nicht zufallig.
Er reiste Ferrante Gonzaga nach, der kürzlich auf seinem Wege
nach Mailand die Dogenstadt berührt hatte. Wie es scheint war
er ausdrücklich angewiesen, den Grund gewisser Zeichen von
Unhöflichkeit aufzuklären, welche Tizian gegen seinen Herrn an
den Tag gelegt haben sollte. Der Brief, aus dem wir oben eine
Stelle mitgetheilt haben, war in der Absicht geschrieben, Tizian's
Benehmen zu entschuldigen. Ferrante beklagte sich, er hätte
dem Meister seinen Wunsch zu erkennen gegeben, bei ihm zu
Mittag zu speisen und dieser darauf geflissentlich sein Haus ver-
lassen, sodass er nach Biri Grande gekommen sei ohne den
Hauswirth anzutreffen. Tizian hatte jedoch seiner Erklärung zu-
folge an dem Tage, für welchen der Herzog, wie ihm durch
Aretin mitgetheilt worden, bei ihm fürlieb nehmen wollte, ver-
gebens auf die Dienerschaft gewartet, welche ihm angemeldet
worden sei und war daher in der Meinung, der Besuch sei ver-
schoben, seinen Geschäften nachgegangen. „Sei dem wie ihm
wolle", schliesst Pola, „ich schlage vor, Tizian ein halbes Hundert
Scudi vorauszuzahlen, um die Bilder zu kaufen, die Ew. Excel-
lenz von diesem unpolierten Mann zu haben wünschenlm
Möglicher Weise hieng es mit dieser absichtlichen oder un-
absichtlichen Beleidigung zusammen, dass Tizian, als er im fol-
genden Sommer seinen Sohn nach Mailand schickte, um die noch
immer unbezahlte Pension zu erheben, von Neuem Täuschung
erfuhr. Dies musste für ihn umso niederschlagender sein, als
ein Brief, der in manchen Stücken unverständlich bleibt, aber
das Verhältniss des Meisters zu Orazio und zu König Philipp be-
leuchtet, einen ganz andern Erfolg erwarten liess.
Ferrante
ßs P0111
Golllaga!
oben.