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THÄTIGKEIT FÜR PHILIPP DEN II.
CAP
XVII.
der herzogliche Purpur. Den mageren Kopf nur mit weisser
Leinenkappe bedeckt, während ein Page die perlenstrotzende
lTiara darhalt, schaut er, die Hände im Staunen erhebend, zu der
Erscheinung auf, die im Lichtgewölke vor ihm schwebt. Es ist
eine Jungfrauengestalt, deren aufgelöstes, von Weitem Schleier
umwalltes Haar mit den schlichten Gewändern im Winde flattert.
Umgeben von Engeln und Cherubim stellt sie den Fuss leicht
schreitend auf die Wolken, die Linke um das mächtige Kreuz
schlingend, das zwei himmlische Knaben an Schaft und Balken
stützen, und hält majestätisch und doch mild in hocherhobener
Rechten den Kelch, das Sinnbild jener unsäglichen Leiden, von
denen auch der anbetcnde Doge, auf den sie niederblickt, sein
reichlich Theil gekostet. Hinter diesem steht an dem Säulen-
portal vor mächtigem Vorhang ein Hauptmann der Wache in
grünem Schuppen-Wamms, mit der Fahne in der Rechten, den
Arm eingestemmt, ein Bild stolzer Kraft, halb über die Achsel
nach aussen schauend, während ein Krieger mit der Hellebarde
sich an die Säule drückt und erfüllt von der Vision emporlauscht.
Gegenüber steht ltlarkus, das offene Buch in Händen nach vorn
gewendet, in rother Tunika mit blauem Mantel, zu Füssen der
Löwe, der mit ehrfiirchtigem Brüllen zum Gebieter aufhorcht.
Scheinbar überrascht und tiefernst blickend, als sollte er, der
Patron der Republik, das Gedächtniss an die Unglückstage Gri-
mani's verkörpern, wendet er das Haupt nach der Erscheinung
des "Glaubens" (Fcde), von einem sie umflatternden dritten Engel
auf den Kelch als das Versöhnungszeichen hingewiesen. Unter
dem Wolkenrande, worauf die Vision vor sich geht, ist in der
Ferne Venedig sichtbar mit Dogenpalast und Markusthurm und
der vor Anker liegenden Flotte."
5' Das Bild enthält lebensgrosse Figuren, ist jedoch wiederholt einäreifßllfkn
Proceduren unterworfen gewesen, was den obigen allgemeinen Bemerkungen hinzu-
gefügt werden muss. Indoss wenn auch das ursprüngliche „brio" gelitten hat und
hier und da. die Farbe trüb und stumpf geworden ist, macht doch das Ganze noch
heute einen imposanten Eindruck. Photogr. von Naya, gestßchen von Fr. (lel
P6510: Vergl. Tizianellds Anonymus S. 8, Ridolü I. 269 und Znnetti", Pitt. Ven.
S. 164. Nach Tizianello befand sich das Bild im "Anticolleggio". Zanetti meint,
95 SCi nach dem Brande von 1577 von dort entfernt und an seinen jetzigen Platz