CAP.
XVII.
POMPONIO VECELLI.
Löl
sichts der Exemplare in der Londoner National-Galerie und in London.
der Sammlung des Lord Elcho hervor." x
Zu alle dem mochte aber auch wohl der Gemüthsdruck bei-
tragen, unter welchem Tizian damals arbeitete. Der Familien-
kummer um den ungerathenen Pomponio hatte sich immer mehr
gesteigert. "Aus Briefen, die im Jahre 1554 zwischen ihm und
Aretin gewechselt wurden, ersehen wir, dass der Thunichtgut
durch sehr entschiedene Maassregehr seines Vaters zu Wuth und
Verzweiflung getrieben worden war." Tizian hatte alles Zu-
trauen zu einer Besserung des Sohnes verloren und Schritte ge-
than, ihn unter strenge Aufsicht zu stellen. Im April erbat er
vom Herzog Guglielmo von Mantua die Erlaubniss, einen seiner
Neffen an Pomponids Stattin die Stiftspfründe von Medole ein-
setzen zu dürfen und die Einkünfte des Benefiziums von S. An-
drea del Fabbro bei Mestre, in deren Besitz er im Oktober des-
selben Jahres gekommen war, sicherte er sich für seine eigene
Personfa Ob Pomponio mehr über die Sperrung des Bene-
fiziums von Medole oder darüber wüthete, dass der Vater ihm
die andere Pfründe abschnitt, Wissen wir nicht, aber dass er den
Vorzug des Vetters sehr bitter empfand, versteht sich. Um diesen
bei seiner Gemeinde beliebt zu machen, schenkte Tizian der Pfarr-
kirche ein Bild: „Christus der Jungfrau Maria erscheinend"
41 London, National-Galerie N0. 34, Leinwand h. 5 F. 9 Z., br. 6 F. 2 Z.,
bis 1800 im Palazzo Oolonna in Rom, Gegenstück des Madrider Exemplares, aber
mit weniger Zartheit behandelt und offenbar unter starker Betheiligung Schiavones,
wenn es nicht ganz von diesem gemalt ist. Ausser allgemeiner Retouchierung be-
merken wir an dem schlafenden Cupido durchweg moderne Ueberschmierung. Ge-
stochen ist es von Strange und W. Holt. Lord Eleho's Wiederholung ist über-
malt und geringer als das vorige; es ist Sohulbild, von welchem ebenso wie von
dem Exemplar der Londoner National-Galerie kleine und sehr späte Copien in der
Sammlung Nostiz in Prag und der Galerie zu Dulwich existieren. Welches von
all' diesen Bildern zu Scannellfs Zeit (vgl. dessen Microcosmo S. 222) im Besitz
der Marchesana Serra in Mailand gewesen sei, ist nicht mehr zu entscheiden.
A. Hume (Life of Titian, Notcs S. 45) führt eine Darstellung des nämlichen Gegen-
standes von Tizian im Palast Lomellini in Genua. auf, eine ebenfalls dem Meister
zugeschriebene Wiederholung befand sich laut Campari, Racc. di Cat. S. 340 im
Besitz der Königin Christine von Schweden.
u Aretin an Pomponio, Lettere di M. P. Aretino VI. S. 182.
43 s. die Urkunden-Auszüge über die Pfrunde von S. Andrea del Fabbro im
Anhang No. LXXX. und vgl. später Anmerkung 66.