Volltext: Tizian (Bd. 2)

CAP. 
XVII. 
DIE 
DREIEINIGKEIT". 
557 
und die symmetrische Anordnung der Linien, welche ein solcher 
Vorwurf auf so umfangreichem Raume erfordert. Man darf da- 
bei nicht aus dem Auge lassen, dass Tizian ein Thema zu be- 
handeln hatte, welches ihm vom Kaiser oder von einem der 
geistlichen Berather desselben aufgegeben worden war und dass 
somit ein Theil der Schuld billiger Weise diesem Umstande zu- 
zuschieben ist. Aber Tizian hat  was nicht verkannt werden 
darf  das mangelnde Gleichmaass des Aufbaues durch seine 
Licht- und Schattenführung und durch die Anwendung lebensvoll 
harmonischer Farben nahezu wieder eingebracht. Zudem wird 
Dank dem inmitten des Gewölbes aufleuchtenden Glorienschein, 
worin die Figuren schweben, die ganze Gruppe in einer Weise 
verklärt, dass man die kolossale Masse etlicher Figuren ebenso 
vergisst wie die gewaltsame Bewegung anderer und den Realis- 
mus, der gerade hier mehr als je zuvor sich geltend macht. Im 
höchsten Kreise des Himmels, wie in einem Heiligenschein, sitzen 
die beiden ersten Personen der Dreifaltigkeit in ehrfurcl1tgebie- 
tender Majestät mit krystallenen Weltkugeln und Sceptern in den 
Händen. Die sie umgebenden zahllosen Cherubim und Seraphim 
verlieren sich im glänzenden Wolkenschein. Etwas tiefer in den 
Wolken steht die Jungfrau vor dem himmlischen Richterstuhl 
und legt Fürbitte ein für die Sünder, an deren Spitze rechts 
Karl der V. kniet. Im Profil gesehen blickt er andächtig betend 
empor, hinter ihm die Kaiserin; noch niedriger sind Maria von 
Ungarn, Philipp und seine Schwester angebracht, alle leicht 
kenntlich, in Sterbegewänder gehüllt und in betender Stellung. 
Die Krone liegt zu KarPs Füssen, wodurch wahrscheinlich die 
Absicht seiner Thronentsagung angedeutet werden soll. Hinter 
der königlichen Gruppe auf derselben Seite reihen sich mehrere 
Figuren, unter welchen man in dem langbärtigen Hiob das Por- 
trät des Vargas wird vermuthen dürfen. Man kann sich denken, 
dass Tizian nicht ohne Zagen einem Gesandten des Kaisers diese 
Rolle zutheilte. Der untere Theil des Bildes genau im Mittel- 
punkte der Wolken enthält ferner: Moses mit den Gesetzestafeln, 
Noah mit einem Modell der Arche, auf welcher die Taube mit 
dem Oelblatt sitzt, und daneben eine Frauengestalt mit langem
	        
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