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THÄTIGKEIT FÜR PHILIPP DEN
GAP.
XVII.
dem Kaiser verabreicht. Beim letzten Aufenthalte in Augsburg
mochte er Bemerkungen über das castilianische Hofceremoniell
gemacht haben, die seinen Byzantinismus steigerten." Wir dürfen
dabei freilich nicht vergessen, dass wir es mit einer Zeit und
mit Sitten zu thun haben, welche die Satiren des Rabelais wohl
züchtigen aber nicht ändern konnten, und dass Venedig, gleich
Spanien, bis zu einem gewissen Grade mit orientalischen Ge-
brauchen angesäuert war.
Zum ersten Male aber in den Annalen der italienischen Malerei
hören wir bei dieser Gelegenheit von einem Gemälde, das nichts
weiter sein wollte als eine Landschaft. Die zahllosen Kataloge
des siebzehnten Jahrhunderts gewähren nur eine einzige Notiz
über ein Werk dieser Art von der Hand des g-rossen Venezianers.
Es War "die Landschaft mit Soldaten und Thieren" in der Samm-
lung des Paolo del Sera. 1" Die europäischen Galerien dürften
also wohl vergeblich nach solch' einer Arbeit durchsucht werden;
nur in Windsor ündet sich ein Bild, auf welchem sämmtliche
Figuren eine untergeordnete Rolle spielen. Dass aber Tizian mehr
solcher Malereien auf seiner Staffelei gehabt hat, ist höchst
Wahrscheinlich; nur sind sie alle verloren gegangen. Aurelio
Luini stattete Titian einstmals einen Besuch ab und fragte ihn,
wie er in seinen Compositionen die Bäume mit dem Boden ver-
binde. Tizian gab ihm verschiedene Wege dafür an und brachte
aus einem Zimmer seines Hauses eine bewundernswürdige Land-
schaft, welche Aurelio zuerst als eine Sudelei erschien, sobald er
sie aber aus einer gewissen Entfernung betrachtete, war es ihm,
als ergiesse sich plötzlich das Sonnenlicht darüber. Er verliess
die Werkstatt mit der Erklärung, er habe nie etwas in seiner
Art so Merkwürdiges gesehen wie diese Schöpfung."
Oft genug ist die edle Ausstattung des Hintergrundes auf
Tizianischen Bildern betont worden. Die ehrfurchtgebietende
Düsterheit der Berge, „ihre Kameradschaft mit den Wolken, ihr
Schrift-
im diplomatischen
9 Der Hand- und Fusskuss war stehende Floskel
verkehr der Sekretäre mit König Philipp.
w Riglolü I. 262.
H Lomazzo, Trattato I. Ausgabe S. 474.