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TIZIAN m Auesaußg,
ÜAP.
XVI.
der Herzog von Alba nicht mit mir von dem „göttlichen Aretino"
spricht, denn er liebt Euch sehr und sagt, er werde Euer InterÄ
esse bei Seiner Majestät fördern. Ich erzählte ihm, Ihr könntet
eine ganze Welt verbrauchen, denn Ihr theiltet mit Jedermami
und gäbet den Armen selbst die Kleider vom Leibe, was die
reine Wahrheit ist, wie Jeder weiss. Ich habe auch dem Bischof
von Arras Euren Brief gegeben und Ihr sollt bald Antwort
erhalten. Sir Philipp Hoby (Filippo Obi) ist gestern zu Lande
nach England abgereist, er grüsst Euch und sagt, er werde sich
nicht eher zufrieden geben, bis er zu den guten Diensten, die er
Euch bei seinem Monarchen zu leisten verspricht, auch noch per-
sönlieh eine Freude bereitet hatte. Seid deshalb so gutes Muthes,
als Ihr durch die Gnade Gottes vermögt und behaltet mich in
gutem Andenken. Ich grüsse Signor Jacopo Sansovino und küsse
Anichino die Hand.
Augsburg,
den
November
1550.
Euer
Freund
und
Gevatter
Mit wenigen Ausnahmen fand Tizian in Augsburg dieselbe
Gesellschaft wie zwei Jahre zuvor: den Kaiser, den König und
Beider Familien, Maria von Ungarn, den Kurfürsten Johann
Friedrich von Sachsen, den Kanzler Granvella und seinen Sohn,
den Herzog Alba und die gewöhnliche Umgebung von Höflingen,
Gesandten u. s. w. Von dem Vertrauen zu den Häuptern der
Hofpartei aber und dem Uebermuthe, der sich in der ersten
Augsburger Zeit kundgegeben, war nichts mehr zu spüren. Karl
war kränklicher und melancholischer als je. Er ging mit der
Absicht um, sich von der Welt zurückzuziehen und hoffte, seine
Würde auf seinen Sohn zu übertragen; dabei konnte er sich aber
nicht verhehlen, dass er seinem Bruder Grund zur Unzufrieden-
heit gab und seinen Neffen Maximilian erbitterte, wie denn auch
Beide bei dem Gedanken an derartigen Verzicht aufbaumten.
Höchst wahrscheinlich war es in der Düsterheit dieser Tage,
dass der Kaiser mit Tizian die Idee zu einem Bilde berieth, in
Lettere a M.
den
WVortlaut in
49 Der
P. Aretino I.
147.