CAP.
XVI.
TIZIAN_NOCHMALS IN AUGSBURG.
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von Spanien und nicht Maximilians von Öestreich in der Kaiser-
würde erheische. Philipp begleitete seinen Vater als präsumtiver
Erbe, während Maximilian in Spanien fern gehalten werden sollte.
Bald erwies es sich jedoch notlnvenclig, alle Mitglieder der Fa-
milie zusammenzuberufen, und als Tizian in den ersten Tagen
des November in Augsburg anlangte, fand er daselbst den Kaiser
und Philipp, den König und Maximilian, kurz Alles, was zu beiden
Höfen gehörte, versammelt. .
Tizian schrieb am 4. November durch den Kupferstecher
Enea Vico an Aretin und benachriehtigte ihn von seiner glück-
lichen Ankunftfs Am 11. schrieb er wieder, um ihm seinen
Empfang beim Kaiser zu schildern:
"Durch Messer Enea liess ich Euch bereits wissen, dass ich
Eure Briefe auf meinem Herzen bewahre, bis sich Gelegenheit
finden würde, sie Seiner Majestät zu übergeben. Am Tage nach
Parmesands (d. h. Enea's) Abreise liess Seine Majestät mich
rufen. Nach den gewöhnlichen Höflichkeitsbezeugungen und Er-
kundigungen betreffs der von mir mitgebrachten Bilder fragte er
nach Euch und 0b ich ihm Briefe von Euch zu überreichen hätte.
Ich bejahte und überreichte den Brief, den Ihr mir mitgegeben.
Der Kaiser las ihn und wiederholte dann dessen Inhalt, so dass
es der Prinz, sein Sohn, der Herzog von Alba, Don Luigi und
die übrigen Kammerherren hören konnten, und da mein Name
darin erwähnt war, so fragte er noch, was denn eigentlich von
ihm verlangt werde? Ich erwiederte, dass man in Rom, in
Venedig und in ganz Italien der Ansicht sei, Seine Heiligkeit
wäre wohl geneigt, Euch zum (Kardinal?) zu machen,
worauf das Gesicht des Kaisers einen Ausdruck der Zufrieden-
heit zeigte und er sagte, er würde sich über ein solches Ereig-
niss sehr freuen, Welches Euch ohne Zweifel zufriedenstellen
werde; und somit, lieber Bruder, habe ich Euch den Dienst
erwiesen, den ich einem solchen Freunde schuldig bin. Kann
ich noch anderweit nützlich sein, so bitte ich Euch in jeder
Hinsicht über mich zu verfügen. Es vergeht kein Tag, an dem
4a Aretin
Tizian,
Venedig
November
1550, Lettere
32 v.