l
P
XVI
PQRIQÄIÜJOHANN ü: EDRICfVS.
517
deutlichsten zeigt sich aber seine Meisterschaft in der Modellie-
rung des Fleisches, welche mit skrupulöser Genauigkeit den
Knochenbau noch unter den Fettlagen hervortreten lasst, was
um so erstaunlicher ist, als sich damit ausnehmende Breite der
Behandlung verbindet. Die Sitzungen fanden vermuthlich in, den
ersten Wintermonaten des Jahres 1548 statt. Der Kurfürst lässt
Ellenbogen und Hände bequem auf den Armlehnen seines Stuhles
ruhen; er trägt einen Rock von schwarzem gestreiften Seiden-
zeug und der braune Pelz ist ebenfalls mit schwarzem Zeuge
bezogen. In der linken Hand hält er einen dunklen Hut. Das
monotone Schwarz wird durch weisse Wäsche am Halse und
an den Handgelenken wirksam gebrochen; auf der linken Wange
ist die Narbe der in der Schlacht bei Mühlberg erhaltenen
Wunde sichtbar. Cranaeh hat seinen abgöttisch geliebten Herrn
vor und nach der Schlacht porträtiert, aber auf keinem Bilde die
Gestalt des Originals veredelt. Tizian nimmt die fette, unbehülf-
liche Figur, setzt sie in einen Armstuhl und verleiht trotz dieser
ungünstigen Umstände der Gestalt und den Zügen ein würdiges
und furstliches Aussehen. 23
Nicholas Perrenot Granvella ward von Tizian im Gala-An- Besancon.
zuge gemalt, mit der Kette des Ordens vom goldenen Vliesse um Museumh
den Hals. Der weisse Bart fallt seidenartig in reicher Fülle bis
auf die Brust herab. Nach einer Photographie. des jetzt im
Museum zu Besangon befindlichen Bildes zu urtheilen, ist es
sprechend und ausdrucksvoll, und, wenn echt, eins der wenigen
23 Wien, Belvedere, I. Stock, II. Saal, ital. Schulen N0. 46, feine Leinwand,
hoch 3 F. 7'j2 Z., breit 3 F. 1 Z., oben ein Streifen angestuckt. Das Fleisch ist
durchweg verputzt und cntfärbt und hat die Lasuren eingebüsst. Uebermalt- ist die
Stirn, vier Finger der rechten Hand, der Pelz und der Hut; den Hintergrund bildet
Warm-graue Wand. Das Bild kam erst im XVIII. Jahrhundert nach Wien, seine
Schicksale nach der Ueberfllhrung nach Spanien sind unbekannt. Rubens copierto
dieses und das Porträt Philipps von Hessen in Madrid (s. Sainsbury's Papers S. 237) ;
vgl. darüber auch Vasari XIII. 38. Dass die Bilder 1548 und nicht 1550 gemalt
waren, scheint aus dem Inventar der Königin Marie hervorzugehen: „0tro ritmtto
del dieho Duque de Sajonia cuando estaba preso, hecho por Tieiano." Eine
Copie des Wiener Porträts von Teniers befindet sich in Blenheim. Es ist in Te-
niers" Kupfer-werke von L. Vorsterman gestochen; photographiert ist das Original
durch Miethke und Wawra.