CAP.
XVI.
OESABE VECELLI.
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Handschuhe von ungegerbtem Leder und einen Pelz. Die Hal-
tung, die auf den Armlehnen des Stuhles ruhenden Ellenbogen,
die rechte Hand, Welche den Handschuh halt, sind in Tizian's
Manier gemalt, es rührt aber von ihm selbst nicht viel mehr her,
als der Kopf und der Hemdkragenf Alle übrigen Theile des
Bildes sind mit Farbenschichten von so modernem Charakter bei"
deckt, dass man nicht einmal auf einen der zahlreichen Schüler
des Meisters schliessen kann?"
Unter den jungen Leuten, welche Tizian 1548 nach AugS-
burg begleiteten, ist jetzt ein Verwandter desselben hervorzu-
heben, über dessen Betheiligung an den dortigen künstlerischen
Arbeiten wir zuerst im Zusammenhange mit den Bildnissen des
gefangenen Kurfürsten Bestimmtes erfahren, von Welchen noch
eins vorhanden ist. Möglich aber, dass Cesare Vecelli, von dem
wir reden, auch an Einzelheiten im Porträt KarPs Antheil ge-
habt habe.
Cesare war der Sohn von Ettcre, Geschwisterkind des Gre-
gorio Vecclli. Da ihn die Rüstung- des Kurfürsten Johann Fried-
rich, Welche eine Zeit lang in des Meisters Werkstatt aufgestellt
war, lebhaft interessierte, so machte er eine Zeichnung dar-nach
und mit dieser schmückte er später sein Trachtenbuch. In dem
Text, Welchen er dem Werke beigab, bemerkt er nicht nur,
dass er Tizian's Bild des Kurfürsten mit der Narbe im Gesicht
und der auf den Stock gestützten Hand gesehen habe, sondern
auch, dass die Rüstung dieselbe sei, Welche der Kurfürst bei
20 München, alte Pinakothek No. 496, Leinwand h. 6 F. 4 Z., br. 3 F. 9 Z.
Karl sitzt nach links und wendet sich nach der andern Seite. Nachdem das Bild
in einem Grade abgerieben gewesen, dass viele Einzelheiten, besonders am Hinter-
grund verlöscht waren, wurde es augenscheinlich von einem Flandrer tlbermalt,
welcher der Landschaft einen niederländischen Charakter gab. Die sehwarien Hosen
und Schuhe sowie der Degen sind theilweis mit der neueren Farbe übergangen,
welche Wand und rother Teppich zeigen, der Handschuh in der Linken ist neu,
die Inschrift „MDXLVIII TITIANVS F." übermalt. Länger als ein Jahrhundert
galt eine kleine Copie auf Holz in der Wiener Galerie (I. Stock, I1. Saal, ital.
Schulen No. 51, h. 7 Zoll, br. 51,12. Zoll) für die Originalskizze zum Müncheney
Bilde, aber abgesehen von der veränderten Färbung des Kostüms hat das Bildchen
Nichts von der breiten Manier Tizian's aus der Zeit um 1548. Wenn man nicht
annehmen will, dass dasselbe durch Misshandlung gänzlich verändert worden, kann
man es eher Tür eine Oopie von Teniers halten.