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XII.
DIE
SOHLACHT
OADORE'
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geführt, ist entweder naiv genug, anzunehmen, dass die Signorie
in 'dem Bilde eine glänzende Urkunde ihrer eigenen Demüthigung
öffentlich hätte ausstellen wollen, indem er anscheinend im besten
Glauben meldet, das Bild solle die Niederlage der Republik bei
Chiaradadda vorstellen M, oder aber er verwechselte nur das Tref-
fen, welches Dalviano verlor, mit demjenigen, das er gewonnen
hatte. Der mangelhaften Geschichtskenntniss Ticozzfs war es auf-
behalten, dem Tizian zwei Schlachten anstatt Einer zuzuweisenfs
Wenn man nach alledem über den wahren Sachverhalt noch zwei-
felt, wird man durch ein altes in Florenz befindliches Gemälde
und einen Stich Fontanas überzeugt, dass Tizian in der That das
Schlachtfeld bei Tai zu malen beabsichtigte, wo die Truppen
Maximilians angesichts des Kastells von Cadore über den Haufen
geworfen wurden. Und so sehen wir, wie der Meister, der seine
Ritterschaft und seine Jahresgelder Karl dem V. verdankte, mit
schlauenr Winkelzug eine Niederlage von KarPs Vorgänger ver-
ewigte und wie Aretin sagt der „Sign0ri6" die Ehre gab;
denn auch ihm war wie anderen Sterblichen das Hemd näher
als der Rock.
Den Vorgang selbst beschreibt Vasari ganz richtig als ein
Gefecht bei stürmischem Regenwetter. Er fügt hinzu, Tizian habe
die ganze Scene dem Leben entnommen, was schwerlich dahin
zu verstehen ist, dass der Maler bei dem Kampfe zugegen ge-
wesen sei, sondern wohl nur ausdrücken soll, Landschaften und
Figuren seien besonders nach der Natur entworfen, was auch
durch die Erzählung Ridoliis Bestätigung finden würde, wenn
sie in diesem Fall von nöthen wäre. Indess hat Tizian, wie
wir gleich sehen werden, nicht eine blosse Episode aus dem be-
rühmten Treffen herausgehoben. Wenn er auch bei seiner ge-
nauen Bekanntschaft mit Sach- und Ortsverhältnissen wohl ein-
sah, dass die verschiedenen Zwischenfälle desselben schwerlich
von einem einzigen Punkte aus anschaulich gemacht werden konn-
ten, nahm er nichtsdestoweniger die Freiheit in Anspruch, das
14 Vasari XIII. 28.
15 Ticozzi, Vecelli etc.
54 und
114.