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XVI.
DER REIOHSTAG 154a.
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eigenen Diener und die Freiheit auszureiten, um sich Bewegung
zu machen. Amtlich war seiner spanischen Wache verboten, das
Wohn- und Schlafzimmer des Kurfürsten zu betreten, doch wird
erzählt, die Soldaten hätten ihn oft für Geld gezeigt. Im Februar
1548 zwang man den Entthronten, aus einem Fenster seines Hauses
dem feierlichen Aufzüge seines Vetters Moritz zuzuschauen, als er
vom Kaiser die Belehnung mit der Kurwürde empfing.
Inzwischen hatte Karl den Reichstag einberufen. Es war
eine prächtige und wunderbar gemischte Gesellschaft, die in Augs-
burg zusammenkam. Der König und die Fürsten des Reiches
brachten ihre Damen mit, die Feste und Feierlichkeiten durch
ihre Gegenwart zu verherrlichen. Karl, der zu dieser Zeit be-
kanntlich düster und schwermüthig war, mied alle Gesellschaft,
speiste allein und nahm ungeheure Portionen zu sich. Dem scharf
beobachtenden Auge des Venezianers Mocenigo entging es nicht,
dass die dem Kaiser bei Tafel aufwartenden Pagen in abgetra-
gener und gefiickter Livree steckten. Früh am Morgen ging des
Kaisers Kammerdiener Adrian, der weder lesen noch schreiben
konnte, in aller Stille nach der Wohnung Granvella's und brachte
Karl auf einem Zettel vom Kanzler die Instruktionen für sein
Verhalten in den politischen Tagesfragen." Keiner. von allen
seinen Ministern hat solches Vertrauen bei seinem Herrn ge-
nossen, weder der Kardinal Gattinara, noch der kühne und ge-
wandte Covos. Die Pflichten des Wirthes nahm an KarPs Statt
König Ferdinand willig wahr. Er wohnte gern und häufig den
zahlreichen Ballen und Mahlzeiten bei. Und es ging hoch her.
Die Welser, Baumgartner und Fugger, die Millionäre der Zeit,
standen dem Kaiser und dem Könige mit Anleihen stets zu
Dienst; der Letztere hielt abgesondert von seinen Söhnen Maxi-
milian und Ferdinand seinen eigenen Hof, während ein viertes
Hoflager mit Allem, was dazu gehörte, in Innsbruck für die
Töchter des Königs gehalten ward. Ausser jenen Fürstlichkeiten
waren noch während der Dauer des Reichstages in Augsburg an-
wesend: die verwittwete Königin Marie von Ungarn, deren per-
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Buchholtz a.
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