502 TIZIAN IN AUGSBURGJ CAP. XVI.
Luigi
hielt.
und der Besetzung Piacenzzüs durch Ferrante Gonzaga er-
Als dann im November Kardinal Madruzzi nach Rom kam
und den Papst im Namen des Kaisers auffordertc, das Concil
wieder nach Trient zu berufen, wusste Jeder, der in diesen Tagen
etwas von Politik Verstand, in Welchen Händen die Gewalt lag.
Dem Sachverhalt im Grossen entsprach es im Kleinen, wenn
Tizian, eben damals vom Kaiser nach Augsburg entboten, diesem
Rufe Folge leistete, und nicht, wie er versprochen hatte, nach
Rom ging. Er hielt es aber doch für gut, sich (leshalb gegen
den Kardinal Farnese zu rechtfertigen:
„Gnädigster Herr" schrieb er zu Weihnachten 1547
ich würde die Rolle eines undankbaren Dieners spielen und der
Gnaden unwürdig sein, welche mich Euerem Wohlwollen ver-
pflichten, wenn ich verschweigen wollte, dass ich, obgleich Seine
Majestät mich zu kommen zwingt und alle Kosten meiner Reise
zahlt, doch mit unfreiem Gewissen reise, weil ich Ihren Wunsch
und meine Verpilichtung unerfüllt lassen muss, mich Eurem und
meinem Herrn nicht vorstellen und nicht seinen Wünschen nach-
leben kann. Denn ich war noch nicht im Stande, das Werk zu
senden, das Ew. Eminenz hier sahen und bei mir bestellten. Aber
ich verspreche als treuer Diener, nach meiner Rückkehr mit Zinsen
zu zahlen, indem ich dem ersten ein neues Bild hinzufüge. In-
zwischen berufe ich mich auf den guten Geist, der Ew. Eminenz
stets zum Edlen treibt und um deswillen ich Euch anbete in-
dem ich flehe, mir die Gunst hinsichtlich des Beneliziums von
Colle nicht zu entziehen; denn dies liegt mir sehr am Herzen,
seit diese nämliche Pfründe von dem Subjekt begehrt wird, das
als Knabe die Frauen ihrer Männer beraubt hat und jetzt als
Mann die Söhne ihren Vätern entreisst Laster, welche füglich
gegen meine Ergebenheit nicht in die Waagschale fallen sollten.
Ich vertraue so gänzlich auf Ihre aufrichtige Güte, dass ich ge-
wiss getröstet sein werde, wenigstens nach Maassgabe meiner
gegenwärtigen Verzweiflung. Mit Eurer Erlaubniss, mein einziger
Beschützer, werde ich also dahin gehen, wohin ich berufen bin
und", so Gott will, bei meiner Heimkehr Euch mit aller Kraft
des Talentes bedienen, das mir in die Wiege gelegt ward. In-