Volltext: Tizian (Bd. 2)

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Emu's TQQHTER. 
XV 
CAP. 
schneeweissen Damasttafeltuche, dessen Muster der Maler mit 
überraschender Kunst wiedergegeben hat; er segnet das Brod, 
indessen Kleophas zur Rechten  in ehrerhietiger Neigung seines 
entblössten kurzgeschorenen Hauptes und mit den Ellnbogen auf 
dem Tisch  die Hände faltet und ein stilles Gebet spricht. Der 
Gegenmann fahrt staunend zurück; der mit aufgestreiftem Aermel 
aufwartende Wirth und ein Page mit dem Federhut, der die 
Schüssel bringt, beobachten arglos seine Geberde, und der Hund 
unter dem Tische knurrt eine Katze an. So erscheint die ganze 
Composition als unvermittelte Mischung des Gewöhnlichsten und 
Erhabenen, als Vorbild jener pikant naiven Auffassungsweise, die 
später durch Paolo Veronese eine gewisse Olassicitat erhielt." 
Blicken wir von diesen Werken des hohen Alters auf Ti- 
zian's Jugendleistungen, von dem eben besprochenen Christus in 
Emaus auf den Zinsgroschen zurück, so offenbart sich uns mit 
Einem Male der Entwicklungsweg der venezianischen Malerei. 
Gleichen Schritt mit der Herrschaft über die Mittel und der 
Sicherheit und Naturwahrheit der Auffassung geht die Neigung 
zum Realismus. Bei Tizian steigert die reife Erfahrung auch die 
Einfachheit, Sicherheit und Kunstgerechtigkeit. Er legt seine 
Farbenmassen mit Kühnheit in kräftigen Kontrasten an, seine 
Hand ist rasch, ohne nachlässig zu sein und seine Modellierung 
zeigt auch jetzt noch, dass sie grosser Weichheit und Glätte fähig 
war. Die Stoffe haben Textur und Ton von überraschender Ma- 
47 Paris, Louvre N0. 462, bezeichnet "Trenxnvs F." Leinwand h. 1,69 M., 
br. 2,44 M. Das Bild ist laut Bathods Katalog S. 96 in der Sammlung Karl's 
des I. verzeichnet als Mantuanisehes Stück    Christus in Emaus an der Tafel 
sitzend mit zwei Jüngern, ein Bursche und der Wirth dabeistehend." Die Figuren 
sind unter Lebensgrösse, Christus ist in Roth und Blau gekleidet, Kleophas in 
kaffeebraunen Kittel mit rothem Mantel und darüberhttngendem Hut, Lukas bärtig 
im Profil gesehen in tiefgrunem Rock und weiss und blauer Binde; der Wirth 
neben ihm trägt schwarzes Wams und rothe Mütze, der Knabe blaue Mütze, gelbes 
Oherkleid und rothe Aermel. Auf einem an der Wand hinter diesem aufgehängten 
Schilde sieht man den kaiserlichen Doppeladler. Gestochen ist das Bild von F. 
Chauveau 1656, damals „in aedibus Jabaehiis", dann von Luriehon, Massen und 
Duthe, auch für Landen, photographiert von Braun.  Eine Copie des Exemplares 
im Louvre besitzt das Turin er Museum unter N0. 209, eine zweite das Dresd ener 
unter No. 237, welche dem Sassoferrato ähnelt; noch eine dritte ging aus der Galerie 
des Königs Wilhelm des II. der Niederlande 1850 in Besitz des Mr. Roos über.
	        
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