Volltext: Tizian (Bd. 2)

486 TIZIAN'S TOCHTER. CAP. XV. 
Bald stellten sich noch andere Aussichten ein. Am 18. Fe- 
bruar 1547 starb Giulia Varana, die Herzogin von Urbino. Mit 
ungeziemlicher Eile trat Guidubaldo in Verhandlungen zum Ab- 
schluss einer zweiten Ehe und am 4. Juni schon vermählte er 
sich in Rom mit Vittoria, der Tochter Pier Luigi Farneses 
Kaum vierzehn Tage nach den Hoehzeitsfeierliehkeiten starb auch 
Sebastian del Piombo und damit erledigte sich das Bullenamt. 
Tizian, der seinen zweiten Sohn Orazio im April verheirathet und 
selbständig gemacht hattesc, erkannte rasch, dass ein Wechsel 
des Wohnsitzes und das gemeinsame Wohlwollen der Roveres 
und Farnese's ihm zu einer Stelle verhelfen könne. Demgemäss 
schrieb er an den Kardinal, um ihm seine Dienste anzubieten und 
zugleich um Sebastians Erbschaft zu bitten. 
Tizian an den Kardinal Famese in Rom: 
 "Obschon er keine Anzeige noch Botschaft erhalten, die ihn 
drängte, das für Ew. hochwürdige Gnaden bestimmte Bild ab- 
zuliefern, hat Tizian, dero unterthäniger und sehr ergebener Diener, 
doch nicht ermangelt, dasselbe zu der ausscrsten Vollkommenheit 
zu bringen, deren sein Pinsel fahig ist. Da ich den höchsten 
Ruhm und unsterbliche Ehre in den Augen der Welt erlangen 
würde, wenn es Allen so gewiss bekannt wäre, als es mir selbst 
bewusst ist, dass ich unter dem Schatten der hohen Gnade und 
Gewogenheit Ew. Eminenz lebe, so möchte ich urn die Erlaub- 
niss bitten, in diesem Rufe ferner Verbleiben zu dürfen und da 
ich nunmehr von aller irdischen Sorge frei bin, stelle ich an- 
heim, meine Berufung vorzubereiten und über mich zu befehlen. 
Diesen Befehlen zu gehorsamen bin ich selbst für den Fall 
bereit, dass Ew. Gnaden mir zum dritten Mal die Annahme der 
Mönchskappe des verstorbenen Fra Bastiano auferlegen sollten. 
Und so verneige ich mich ergebenst und küsse Ew. Gnaden Hand. 
Venedig, 18. Juni 1547. k 
Ew. hochwürdigen und erlauchten Gnaden steter Diener 
Tizianoß" 
 
 
 
" Aretin an Orazio Vecelli, Venedig 
Aretino IV. S. 79 v. 
37 Ronchini, Relazioni S. 8 und 9- 
April 
1547 
in 
Lettere 
den 
di
	        
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