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TIZIAN
UND
PORDENONE.
CAP.
XII.
vorgerüekt, dass das Oollegium eine besondere Bemerkung in das
Tagebuch eintragen konnte, welche dem Beifall über Pordenone's
Arbeit Ausdruck gab. Nicht zufrieden mit dieser für Tizian schon
hinreichend empfindlichen Erklärung, ging man gerades Weges
darauf aus, Pordenone auf Tizian's Kosten zu befördern: am
23. Juni erliess der Rath der Zehn folgendes harte und bezeich-
nende Dekret: "Sintemal Tizian seit December 1516 ein Makler-
patent mit einem Jahreseinkommen von 118 bis 120 Dukaten inne
gehabt hat, ohne das daran geknupfte Bedingniss der Ausführung
des Sehlaehtengemäldes an der Kanalseite des grossen Rathssaales
zu erfüllen, ergeht um dieser Ordnungswidrigkeit willen an ihn
die Weisung, die Gelder, die er in diesem Zeitraum ohne Gegen-
leistung empfangen hat, zurückzuzahlen." Daraufhin machte man
Anstalt, Pordenone vollständig neben Tizian zu setzen. Mittels
Erlasses vom 22. November 1538 wurde er angewiesen, im Saale
des Grossen Rathes das Bild zwischen dem sechsten und siebenten
Pfeiler, zunächst dem für Tizian aufgesparterl Raum, zu
Mochte dieses Verfahren dem Betroffenen auch noch
malenf
so hart
erscheinen, ohne unmittelbare Wirkung war es nicht. Es veran-
lasste Tizian, seines Versprcchens ernstlich zu gedenken. Vier
Monate nach Erlass des Dekrets schrieb Aretin den bereits früher
erwähnten Brief vom 9. November 1537, worin er, nach Be-
Schreibung des an die Kaiserin gesandten Bildes der "Verkün-
digung" mit emphatischem Lobe von dem Werke sprach, mit
Welchem sein Freund im Markuspalast beschäftigt seifi
Wie bitter Tizian die Begünstigung P0rden0ne's und die Un-
gnade des Rathes empfand, ist leicht begreiflich. Eine Summe
von 1800 Dukaten heimzuzahlen und überdies fernerhin eines festen
Einkommens verlustig zu gehen, war keine Kleinigkeit. Und an
dem allen war Pordenone schuld. Was Wunder, wenn dieser,
dem das Watfenhandwerk nicht fremd war, auf die Meinung kam,
er müsse sich vor Ueberfall von Seiten seines Gegners schützen;
ein Glück, dass ihm sein Adelspatent das Recht gab, den Degen
5 vgl; Oben und Lorenzi s.219 und 223.
5 Brief Aretixfs an Tizian vom 9. November 1537 in den Lettere di M. P.
Aretino I. 5.180,