FÜNFZEHNTES
CAPITEL.
Tiziaws
Tochter.
Während Tizian
im Genuss
hoher
Ehren
bei
anhaltender
beit in Rom lebte, wurde Sansovino daheim von schwerem Miss-
geschick betroffen. Als Baumeister von S. Marcc war er vor
einiger Zeit mit Errichtung der Bibliothek betraut worden, in
welcher die von Petrarca und Kardinal Bessarion dem Staate
vermachten Bücher aufgestellt werden sollten. Die grosse Halle
dieses längs der Piazzetta und des grossen Kanals sich hinziehenden
Prachtgebäudes war im Herbst bedeutend gefördert und im Winter
eingewölbt worden; aber am 18.-December 1545 stürzte sie ein
und begrub unter ihren Ruinen das Geld der Republik und den
Ruhm des Erbauers.' Kaum hatte Sansovinc von diesem Unfall
gehört, als er auch schon verhaftet und unter der Anklage straf-
barer Fahrlässigkeit gefangen gesetzt wurde. Verzweifelt schrieb
Aretin an Tizian, dieses Missgeschick bedrohe den Freund, den
es die Freiheit gekostet, obendrein in seiner Existenz? Die
äussersten Anstrengungen wurden von Seiten Bembds, Mend0zza's
und von Aretin selbst gemacht, um den Schlag zu milderns; am
wirksamsten aber scheint dabei Tizian's Einfluss gewesen zu sein. '
L
1 s. Temenza, Vita di Sansovino S. 30.
2 Aretin an Tizian, Lettere di M. P. Aretino III. S. 360.
3 Temanza a. a. 0. S. 31; Bembo an Sansovino, Rom 23. Oktober 1546 in
Bembds Opere IX. S. 488.
4 So fasst Beltrame (a. a. O. S. 46) die Suche auf; seine Meinung stützt sich
zweifellos auf Urkundliches, doch gibt er dergleichen nicht an.