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TIZIAN
UND
DIE
FARNESiL
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XIV.
Etwa sechszehn Jahre früher hatte Correggio seine "Danaö"
gemalt, die durch die Hände Federigo G0nzaga's in den Besitz
KarPs des V. kommen sollte. Sie gehört zu den Bildern, welche
ihrem Meister den Ruhm einbrachten, die Sinnlichkeit in den
Adelsstand vollendeter Anmuth erhoben zu haben. In Wahrheit:
Correggids Danae ist an Schmelz der Licht- und Schattenfüh-
rung, an Ebenmaass der Verhältnisse, an feiner Silbertönilng des
Fleisches, Lichtheit und Zartfühligkeit eine der glänzendsten
Leistungen, aber neben Tizian's Gemälde erblasst sie. Er fügt
zu diesen Eigenschaften auch noch die unvergleichliche Farbe und
die breite Formbehandlung, die den Michelangelo nicht vergessen
lässt.
Auch Michelangelo hat diesen Stolfkreis mit seiner Leda be-
rührt, die freilich nicht von ihm selbst, sondern von Pontormo
und anderen Florentincrn nach seiner Zeichnung gemalt wurde.
Sein gigantisches Gebilde ist so zu sagen ein Triumph des
plastischen über das eigentlich malerische Element der Farbe.
An die Strenge und Grossheit des Lineamentes reicht Tizizm
nicht, dafür setzt er den Reiz ein, welchen Michelangelo ver-
schmähte, und gibt uns Natur in Fleisch und Blut. Nebenbei
fand auch der Eindruck der Antike hier einen unmittelbaren
Wiederhall. Tizian hatte ohne Zweifel den Eros des Praxiteles,
von welchem sich mehrere Wiederholungen in den römischen
Galerien befanden, mit Wohlgefallen betrachtet." Das Motiv der
Figur, das scheinbare Ausschauen nach gethaneni Schuss hielt er
fest. Indem er Bein- und Körperhaltung umkehrte und den Kopf
veränderte, schuf er in dem Cupido-Knaben seiner Danaä eine
auf den plastischen Gesetzen der antiken Statue aufgebaute, gross
angelegte und in jeder Faser lebensfahige Figur, die an die Meister-
werke der Griechen erinnert. So sammelte Tizian an jedem Ab-
schnitt seiner Künstlerbahn neue Kräfte, die sich gleichsam sum-
mierend ihm auch auf der letzten Strecke des fast hundertjährigen
Lebens Stand hielten.
77 Dieser Eros im Vatikan, Museo Chiaramonti, ist stehend mit Flügeln dar-
gestellt, beide Arme erhoben als hätte er soeben den Bogen gebraucht und schaut
anscheinend dem Pfeile nach. Eine Wiederholung besitzt die Sammlung im Capitol.