Zweiter Abschnitt.
Tonmaler
der
Decadenz.
Stehenlas-
sen braun-
getuschter
Schatten.
richtige Grau des Schattencharakters. So hat man denn diesen
Gegensatz in der Farbencomposition vermieden. Gegen die
farbenkeuscheren und solideren Bilder grauer Unterlegung
bekommen die direct auf das Braun gemalten zwar immer-
hin etwas zu sehr Gewarmtes, in den stumpfen Schatten des
Fleisches und aller warmen hellen Localfarben fehlt das eigent-
liche Grau. In den Bildern selbst aber wird dieser etwas zu
farbige Sehattencharakter nicht mit correct Grauem zum Ver-
gleich gebracht, sondern vielmehr mit unvergleichlich viel
stärkeren Farben rother und gelber Gewänder. Dieser Gegen-
satz stellt ihn etwas mehr in's Graue. Hellblau im Schatten,
welches richtig sein würde, kommt nicht vor, auch das Weiss-
zeug ist in Warmen Tönen gehalten. Das Lichtblau des
Himmels schadet nichts, denn es stellt keinen Schattencharakter
vor. So fällt der Fehler allerdings weniger auf. Das Fehlen
der kalten Farben macht aber die Bilder etwas farbenarmer,
und ihr Colorit ist weniger naiv und naturwahr, als das der
anderen.
Die späteren Lichteffeet- und Goldtonmaler (1600) malten
gleichfalls direct auf Braununtertuschung localfarbig. Sie
führen ihre Modellirungen nicht streng localfarbig durch,
sondern lassen mit einer gewissen Coquetterie das Braun der
Untertuschung für die letzten Schatten aller Lokalfarben
stehen. So kommen die halbdeckenden Schichten der Halb-
schattentöne neben dieses offen zu Tage liegende Klarbraun
zu stehen, und durch den Contrast bekommen sie trügerischer
Weise einen grösseren Werth von Grau, als sie thatsachlich
besitzen. Man überzeugt sich hiervon leicht, wenn man das
contrastirende Braun verdeckt. Der Kunstgriff ist freilich
geistreich. Neben dem soliden Oolorit der Aelteren fallt er
aber durch, er verrath das Raflinement eines modischen Con-
ventionalismus und gesunkenes Formengefühl. Die grossen
Maler des Cinquecento legten den farbigen abschwachenden
Gegensatz in die Localfarbe eines anderen Gegenstandes, nie
aber in einen einzelnen Ton der Modellirungsscala selbst.
Für dieses letztere Auskunftsmittel war ihr llbrniengefiihl viel
zu ausgebildet, und lieber wurde der Fehler offen eingestan-