Volltext: Über die Grundsätze der Ölmalerei und das Verfahren der classischen Meister

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Anhang 
gewissen Beschränktheit des Geistes, aber insofern Ludwig 
Caracci das Studium auf Fassbares lenkte, schuf er positive 
Grundlagen, und wäre die Zeit ihm entgegen gekommen, oder 
hatten nicht bald die Schüler, statt von des Lehrers edlem 
Feuer beseelt zu bleiben, der Zeit Zugeständnisse gemacht, 
so hatte es wohl kommen mögen, dass es mit der Kunst der 
Malerei wieder aufwärts gegangen wäre. So hat er wenigstens 
den raschen Verfall eine Weile aufgehalten, und was später 
in Italien und Spanien noch Gutes entstand, muss zum guten 
Theil als ihm verdankt angesehen werden. 
 Vor Allem hat er Wieder auf die Einfachheit der Form ge- 
drungen und war dem "terribile" verwegenster Hscorci", 
womit die Zeitgenossen so vollauf beschäftigt waren, nicht 
hold. Durch fleissiges Oopiren der besten Meister der Zeich- 
nung suchte er die edle Einfachheit des Geschmacks und die 
Massigkeit in der Wahl der Naturprololenie, zum Behuf ein- 
gehenderer Nachahmung derselben, wieder herzustellen. Als 
das Vorzüglichste der Farbentechnik betrachtete er die Leist- 
ungen des Correggio. 
So wurde denn auch das Clairobscur die NVeise des 
(Jaraccrschen Colorits. Es ist sehr bezeichnend, dass er, 
welcher sich von den gleiehmassig impastirten und ineinander 
vermalten Mischtönen der" Absehattirung befreite und wieder 
zu der einfarbigen Modellirung mit Entstehenlassen der Ab- 
schattirimg durch abnehmende Schichtendicke auf (lunkler 
kommene Erbschaft an Kunstmitteln zu retten, geht aus der Gründung der 
Academie im Hause Zuccari hervor. Aber bei Caracci blieb es nicht 
nur bei schönen Reden. Er begann sofort die Reformation bei seiner eigenen 
Person unter Arbeit und Selbstverläugnung. Die vornehmen Herren in 
Rom hatten zu viel Ursache, mit ihrem Schicksal zufrieden zu sein, um 
sich hiezu veranlasst zu fühlen Zu welchen Sonderbarkeiten aber unter 
der Ungunst der Zeiten der gesunde Menschenverstand verurt-heilt werden 
kann, davon giebt ein merkwürdiges Zeugniss, dass Lodovico, wie ein 
von Strafen bedrohter Verschwörer, seinen Gesinnungsgenossen den Eid ab- 
nahm, dem Geheimnissbund treu zu sein. Heute wäre Aehnliches fast wieder 
am Platz. Sicher nehmen die Wenigen, welche die Kunst mit Blrnst treiben, 
des Undanks der Zeitgenossen gewiss, dieselbe Dornenkrone auf sich, welche 
Oaracci getragen.
	        
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