Volltext: Über die Grundsätze der Ölmalerei und das Verfahren der classischen Meister

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gezogen werden. Aber auch in Bildern kleinen Formats offen- 
bart sich der technische Rückschritt. Und hier kann denn 
in der That als eine Hauptursache des Sinkens der Farben- 
behandlung die Abnahme jener sorgsamen F ormenvorberei- 
tung angeführt werden, durch welche der alten Schule zwei 
Vortheile zugleich erwachsen waren  erstens, Theilnng dcr 
Arbeit zwischen Formung (als Vorbedingung des Colorits) und 
Coloriren (als Weiterentwickelung der Form), zweitens aber, die 
Möglichkeit, bei der langsamen Vorbereitung auch immer Zeit 
zu gewinnen, zugleich auf die passende Vorbereitung der 
Farbencharaktere vorbedacht zu sein, welche aus den ver- 
schiedenen Weisen des F arbenauftrags entstehen sollten. 
Wie rasch bei abnehmender Sorge für Form und für Farben- 
behandlung. der Sinn für Oolorit überhaupt zu sinken vermag, 
davon geben diejenigen Werke des Tintoretto und Bassano 
Zeugniss, welche ohne alle Formen- und F arbenvorbereitung 
auf dunklen Mittelton gemalt sind, der nicht mehr „eine Hülfe 
für die Farbe" ist, sondern nur noch eine Hülfc für das rasche 
Bedecken der Bildfläche. Und wenn man die Epoche bedenkt, 
in welche sie fallen, so ist dies Zeugniss ein doppelt deut- 
liches. Trüb, monoton und dennoch nicht harmonisch stehen 
sie neben. den sorgfältiger gearbeiteten Werken der Zeitge- 
nossen, und nur da behaupten die genannten Meister ihren 
Werth, wo auch sie ihr Oolorit auf sorgfaltigere Vorbereitung 
der Form und Farbe gründen. 
Die Malerei auf Bolusgrund verlangt ein sorgfältig vor- 
bereitendes Verfahren: Genaue Formonvorzeichnung und exacte 
Grau-in(irauaufmodellirung als Vorarbeit, dann localfarbige 
Lasur oder Aufhöhung mittelst halb und ganz deckender Local- 
farbe, Wo dieses fehlt, wirkt der Bolusgrund farbenbeschmutz- 
end und schattenverdunkelnd, oder er nöthigt den, der diesen 
Uebelstanden ausweichen will, zu localfarbeverändernder 
Mengungsmischung der Schattentöne und zu dickerein Auf- 
trag der Farbe. 
Die guten Bilder der zweiten venetianischen Reihe sind 
daher auf hellere Gründe von neutralgrauer Farbe gemalt. 
Das Verfahren entspricht alsdann der alten Art auf weissein
	        
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