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Zweiter Abschnitt.
i-nlläjßjieoä Schliesslieh setzen wir aber auch noch voraus, dass der
111;{e1i' Künstler wirklich über den Sinn der verschiedenen Farben-
Chamlmmß- charaktere Herr sei und sie an ihren Platz zu stellen wisse.
Denn gerade verfeinerte Mittel des Ausdrucks bedürfen dop-
pelter Aufmerksamkeit. Wohl beruhen "sie auf feinerer Beob-
achtung, und je feinere Beobachtungen der Künstler dem
Beschauer mittheilt, desto mehr wird er den bereitwillig Ver-
stehenden fesseln und desto mehr ihn vergessen machen, was
seinem Werk von der Vielseitigkeit des V orbildes noch fehlt.
Er darf aber nicht aus dem Auge lassen, dass er nur wahr-
genommene Verhältnisse der Natur in dem verkleinerten Maass-
stab seiner Mittel wiedergiebt. Dieser verkleinerte Maassstab
wird um so delicater, in je feinere und reichhaltigere Propor-
tionen er zerfallt, und mahnt zur Vorsicht. Deckfarbe, an
einer Stelle nur um ein Geringes höher aufgetragen, bedeutet
bei uns schon etwas Anderes, als die an anderer Stelle nur
wenig dünner geschichtete. Und fängt das System des Ganzen
an zu schwanken, so ist es mit der Illusion, die nur auf der
Harmonie des Ganzen beruht, vorüber. Die Unzulänglichkeit
der Beobachtung gegen das Vorbild fallt dann erst störend
auf, sowie die Form der Mittheilung verworren wird. Das
Missverhältniss zwischen der angestellten Beobachtung und
dem Vermögen, sie auszusprechen, wird uns nicht etwa nach-
gesehen wegen der Schwierigkeit des Vermögens. Weit eher
begnügt sich das Urtheil mit minder eingehend Beobachtetem,
das zweckentsprechend ausgedrückt ist. Dem Vorwurf der
Verworrcnheit muss der Maler eben so gut zu entgehen suchen,
als dem der Trägheit und Unsauberkeit, denn diese drei Uebel
haben für sein Werk nahe verwandte üble Folgen.
Fäällräggtifßr Wenn man nun Alles dieses vom Künstler voraussetzt
schemhbßit. und annimmt, dass ihm aus keinerlei Verstoss mehr gegen
diese Ansprüche eine selbstversehuldete Störung der Arbeit
erwachse, so kann er sich doch auch noch durch eine kluge
und überlegte ldlührting seine eoloristische Arbeit sehr er-
leichtem. Das Oelfarbenmaterial erlaubt eine öftere Unter-
brechung der-Arbeit, denn es lässt sich ebensowohl auf längere