Deckfarben und Deckfarbenmengnng.
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Die Genialität unsrer Tage, welche oft genug in den kleinen
Feinheiten des Handwerks Nebensachliches, Pedanterei oder
wohl gar über Bord zu Werfendes Hemmniss für das mit Feuer
auf sein Ziel losstürmende Gefühl erblickt, ist nicht die echte.
Just bei den Schwungvollsten und Gefühlstiefsten unter den
classischen Altvordern hält die Anspannung der Kräfte bis
in's Kleinste auch des Handwerks Stand und bethätigt sich
hier als Geduld und Exaetheit. Der Verfall aber, wenn er
sich mehr und mehr Nachlassigkeiten im "Technischen er-
laubt, macht uns selbst mit seinen coquettesten Bravour-
stücken Wahrlich nicht den Eindruck Wachsender männlicher
Kraft; vielmehr nimmt bei ihm Kraft und männliche Wahr-
heit des Gefühlsausdrucks in gleichem Maasse ab, wie die
Vernachlässigung des Handwerks fortschreitet, und die lieder-
liche Technik der Barokzeit ist das lascive Kleid oberfläch-
liehster Geistreichheit. Möchten dies Solche überlegen, welche
glauben, einen Beweis von Robustheit des Gefühls" abzulegen,
wenn sie in ihrer Technik sogar etwas Schmutz mit unter-
laufen lassen. '
Deekfarben und Deekfarbenmengung.
Als was die hohen Deckfarben in der Oelmalerei zu dienen
haben, wird aus dem Vorhergehenden klar geworden sein.
Sie stehen als die höchsten Liehtreüectoren entweder auf der
Oberfläche zu Tage und sind dann die Repräsentanten hoch-
beleuchteter opaikfarbiger Körperlichkeit, oder sie dienen als
helle Folien transparenter Intensivfarben. Als Ausdruck des
Selbstleuchtenden können sie nicht angesehen werden, Wohl
aber können sie, in kleinen Puncten auf Intensivfarben stehend,
Wegen ihrer Helligkeit und ihres Weissliehen matten Lichtes
halber Glanz bedeuten. In grösserer Ausdehnung neben durch-
leuchteten Farben sie anbringen, heisst die Illusion des Selbst-
leuchtens der letzteren zerstören. Wo sie aber als vom weiss-
lichen Tageslicht beeinflusste Lichter, Halblichter und Hallo-
schatten neben klaren lntensiv- und Vollschatten beleuchteter
Körperlichkeit stehen, Wirken sie in voller Krqft, und wenn
Ludwig, Malerei. 2. Aufl. 11