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weise gewichen ist, wozu noch eine kaum zu kontrollirende
fabriksmässige Bereitung der Farbkörper, der Pigmente
tritt, so dürfte das allgemeine Interesse einige weitere Be-
merkungen rechtfertigen. Nehmen wir deshalb zu folge-
richtigem Vorgehen, gewissermassen als Handweiser, aus der
reichen Fachliteratur beliebig einen der neueren Autoren
und einen der Allerneuesten heraus. Es sei erstens: M. P.
L. B0uvier's Handbuch der Oelmalerei für Künstler und
Kunstfreunde, nach der vierten Auflage gänzlich neu
bearbeitet von A. Ehrhardt, Professor an der Königl. Kunst-
Akademie der bildenden Künste zu Dresden; Braunschweig,
1875; zweitens: Vier Beiträge zur Geschichte der Petro-
leumfarben, den Freunden gewidmet von Heinrich Ludwigl);
Rom 1890. (Tip. Editrice Romana.) Ehrhardt sagt in
seiner Vorrede S. VI: „Der heut zu Tage vielfach einge-
rissenen Zuchtlosigkeit der Technik gegenüber wird aller-
dings vieles, was in diesem Buche angerathen und gelehrt
wird, hausbacken und pedantisch erscheinen. Ein Künstler
aber kann sich der natürlichen Ordnung der Technik seiner
Kunst nur unter denselben Nachtheilen entziehen, wie ein
Mensch, der sich in ungebundener Freiheit den Beschrän-
kungen, d. h. den Bedingungen seiner Natur entziehen
will. Eine kürzere Dauer des Lebens hier, der Werke
dort, wird die unausbleibliche Folge sein". Ludwig sagt
C. II. seines 3ten Beitrages: „Die Dauerhaftigkeit einer
Malerei hängt zunächst von der Widerstandsfähigkeit der
Stoffe an sich, sowie von der Verträglichkeit der Stoffe
miteinander ab und genau um ebensoviel von der Behand-
lung, die ein Maler diesen Stoffen bei seiner Arbeit ange-
deihen lässt. Der heutigen, überaus rohen und leichtfertigen
Malweise Vieler werden auch die an sich allersolidesten
Malermaterialicn nicht zu Dauerhaftigkeit verhelfen. Um
so Dauerhaftes zu leisten, wie die alten Meister, muss man
auch deren sorgfältiges Malverfahren anwenden.
Diese, an die Maler gerichtete Forderung macht eine
gleich entschieden gehaltene an die Oelfarbenfabrikanten
unabweisbar. Die eben genannten Künstler und Kunst-
schriftstcllcr folgen in ihren Anweisungen bei Herstellung
des Materials alten, erprobten Methoden; sorgfältige Wahl
Bänden ersmäxionenoxx
Wien, 1882; Wilhelm
1) Herausgeber und Uebersetzer des in III
"Buches von der Malerei" des Lionardo da Vinci,
Braumüller.