Sei, sondern ein solches, das von Oelbaumfrüehten her-
rührt. Dieser Gedanke befestigte sich um so mehr, als
ich meine Beobachtung nach wiederholter, sorgfältiger
Prüfung der Bilder van Eyelis, jener des Rogier van der
Weyden, Memling und anderer nur bestätigt fand. Eine
Untersuchung der Werke jüngerer Meister, sowohl solcher,
bei denen der Einfluss der iiandrischen Schule unver-
kennbar, als auch bei Bildern anderer Richtungen, die
Sich durch eine weit freiere, noch erhöhtcre Ansprüche an
die Verwendbarkeit des Malmateriales bekundende Technik
auszeichnen, ergab ausnahmslos das gleiche Resultat. Auf
Grund meiner vielfach und vielseitig angestellten Be-
obachtungen und gesammelten Erfahrungen, Will ich in
Naehstehendem die besonders für das Kunstleben so hoch-
wiehtige Frage nach dem zu jener Zeit benutzten
bindenden Medium zu lösen versuchen, jene Frage, die
Künstler und Fachgelehrte viel beschäftigt, deren Lösung
aber trotzdem noch aussteht.
Wenn wir die einschlägige Literatur verfolgen, dann
begegnen wir durchaus entgegengesetzten Ansichten, und
unser Suchen bleibt ungelohnt. Der einel) sieht, um. nur
ein Beispiel anzuführen, van Eyclis Erfolg in der Be-
nutzung absolut reiner Oele, der anderez) erblickt gerade
im Gebrauche naturreinen Oeles die ehemalige Mangel-
haftigkeit! Beides trifft nicht zu. Meine Erfahrungen
gestatten mir nun die Erklärung abzugeben, dass man in
der Vor-Eyeksehen Zeit solches Leinoel zu Malzwecken
verwendete, das aus nicht-ausgereiftem Samen ge-
Schlagen worden, nämlich aus solcher Leinsaat, die vom
Lein als Gespinnstpiianzen geerndtet worden. Die Gre-
Winnung des Leinoels hatte nur seeundäre Bedeutung, die
Hauptsache war der Flachs; man gewann aber mit letzterem
die Samen, die man naehreifen liess und zur Gewinnung
des Oeles als genügend erachtete. Die zur Aussaat ge-
zogene Pflanze hatte eben nur diese Bestimmung, und
dürfte die Benutzung solchen Samens zum Oelpressen als
zu wenig nutzbringend erschienen sein. Für das Gesagte
mögen Thatsachen reden. In den Maas- und Niers-
niederungen, jenen, der Pilanzstatte der neuen Kunstweise
in
1) Secco-Suardi di Bergamo (memorie sulla scopcrta erl intrmhlzinn
Italia. delP odierno sistemn clel dipingere ad olio) Milano, 1858.
2) Ch. Blanc, IIist. des peintres, van Eyck p. 4.
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