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die Verbesserung der Oelfarbenmaltcchnik durch die
Gebrüder van Eyck eine Erfindung, und zwar eine hoch-
bedeutsame, eine Wende in der Kunst bezeichnende Er-
findung genannt wird, so ist dies berechtigt; sie ist eine
Geistesthat, das Werk eines Genies Wenn dieselbe in den
Tagen der van Eyclös überraschte, so ist das begreiflich;
weniger begreiflich ist fast das lange Ausbleiben einer so
natürlich erscheinenden Erfindung; aber geradezu räthsel-
haft ist das Verlorengehen derselben; eines durch Jahr-
hunderte bewahrten Malverfahrens, das noch zu einer Zeit
bekannt war, deren lebendige Zeugen unsere Tage ge-
sehen haben. Der Vorzüglichkeit des alten Oelfarben-
materials werden wir aber erst inne, wenn wir die viel-
fachen Wandlungen bedenken, denen die Oelfarbenmaltcchnik
seit ihrer Wiederbelebung ausgesetzt geblieben ist. Sie
hat nicht allein dem jeweiligen Kunstgeschmacke, nein,
der Mode und den persönlichen Wünschen und Neigungen
Einzelner genügen müssen, und mit nie verszrgendem
Erfolge gedient Eben dieser Umstand ist wichtig, wichtiger
als es auf den ersten Blick scheinen mag, denn er be-
weist, dass das Verfahren ein höchst einfaches
gewesen sein muss. Denn hätte die Bereitungsweise
schwierige, komplicirte chemische Processe erfordert, dann
nlüsste man zunächst das Räthsel lösen, wo van Eyck, sei
es Johann oder Hubert, die hierzu erforderlichen Kennt-
nisse sich erworben, die eben damals nicht zu erwerben
waren. Wollte man gleichwohl annehmen, dass man zur
Vornahme derartiger Processe befähigt gewesen, dann hätte
ganz naturgemäss die Bereitungsweise späterhin in der
gleichen Weise erfolgen müssen, sie hätte ein strenges
Innehalten des vorgezeichneten Weges verlangt, was be-
kanntlich nicht der Fall war. Denn dies bestätigt ja
sofort ein auch nur Hüehtiger Vergleich der Malweise der
genannten Eründer, eines Mcmling oder Rogier van der
Weyden mit jener späterer Meister. Gegenüber der Ausschrei-
Ersteren pietätvollen Behandlung, der sich nimmer ge- 111'120" in (h
niigenden Durchführung, linden wir z. B. in Werken
späterer Meister, namentlich bei Thierbildern nieder- h
deutschen Ursprungs, nicht allein ein Behagen an derber,
breiter Behandlung und kcckem, pastosem Vortrag, nein,
die besonders zubereitete Farbe muss selbst dazu dienen,
die trockene, strnppig-beliaarte Haut der Vierfüssler greifbar
wiederzugeben. Noch merkwürdigereil mal-technischen Aus-
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